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Panorama: Stürmische Sonne

Eine riesige Wolke elektrisch geladener Partikel hat die Erde erreicht – Satelliten und Flugverkehr sind gestört

Die Sonne ist weit weg. Aber wenn sie plötzlich eine Wolke elektrisch geladener Teilchen ausschleudert, können ihre Planeten in einen magnetischen Sturm geraten. Ein solcher Sonnensturm hat die Erde in diesen Tagen voll erwischt, Satelliten und den Flugverkehr gestört.

Bereits am Mittwochmorgen zeigten die Kompass-Nadeln kurz vor sieben Uhr eine für Mitteleuropa erstaunliche Beweglichkeit: In kürzester Zeit wanderten die Magnetnadeln um drei Grad nach Osten. Auch die Messgeräte des Forschungssatelliten „Champ“ des Geoforschungszentrums Potsdam registrierten das verblüffende Phänomen: Der gewaltige magnetische Sonnensturm hatte das Erdmagnetfeld verbogen. Er löste mehrere Millionen Ampere starke elektrische Ströme in der Atmosphäre aus und heizte die obersten Luftschichten kräftig auf.

Grüne Lichter am Nordhimmel

In der Nacht zum Donnerstag waren daraufhin über Norddeutschland, aber auch in Köln atemberaubende Polarlichter zu sehen. Sie zeigten sich als schlierenartige, grünfarbene Lichter am Nordhimmel, sagte Frank Jansen, Leiter der Weltraumwetterwarte in Greifswald. Nach Angaben des Astrophysikers bewegt sich bereits eine weitere Plasmawolke auf die Erde zu.

Der Sturm bremste etliche Satelliten, die um den Globus kreisen. Das Satellitennavigationssystem GPS lieferte plötzlich nur noch ungenaue Daten. Piloten berichteten von gestörten Sprechfunkverbindungen, und von den Radarschirmen der Fluglotsen verschwanden urplötzlich die grünen Reflexe einiger Flugzeuge. Bereits zuvor hatte die deutsche Flugsicherung die Zahl der Flüge über dem deutschen Luftraum eingeschränkt. Denn erwartet hatten Experten ein solches Ereignis seit Tagen, überrascht wurden sie nur von der Heftigkeit: Das Geoforschungszentrum Potsdam registrierte den stärksten elektromagnetischen Sturm der letzten 14 Jahre.

Sonnenstürme ereignen sich immer dann, wenn das Zentralgestirn plötzlich erheblich mehr elektrisch geladene Teilchen wie Elektronen und Protonen, aber auch die Kerne von Helium und noch größeren Atomen in den Weltraum schleudert als sonst. Dazu kann es kommen, wenn sich Magnetfelder der Sonne entflechten. Nach einer solchen „Explosion“ schießen die Teilchen mit Geschwindigkeiten von mehreren 1000 Kilometern pro Sekunde ins All. Am Dienstag um 11 Uhr 54 kam es zu einem besonders starken Ausbruch. Die Teilchenwolke nahm exakt Kurs auf die Erde und erreichte sie bereits am Mittwochmorgen. Die Folgen waren allerdings diesmal nicht so heftig wie am 13. März 1989: Damals entstanden bei einem Sonnensturm so starke elektrische Spannungen im Norden Kanadas, dass ein unerwarteter Stromstoß die Störungssysteme der kanadischen Stromversorger aktivierte. In einer Kettenreaktion schaltete sich die Stromversorgung automatisch ab, und sechs Millionen Kanadier hatten neun Stunden lang keinen Strom.

Noch am Wochenende wird man den Sonnensturm an den vielen Polarlichtern erkennen können, die er verursacht. Denn an den Polen taucht das Magnetfeld der Erde in den Globus ein, und entlang der Magnetfeldlinien strömen immer mehr geladene Teilchen zu den Polkappen. In rund 150 Kilometern Höhe treffen sie auf erste Atome der Luft und regen diese zum Leuchten an: Stickstoff sendet dann ein violett-blaues Licht aus, atomarer Sauerstoff rotes Licht.

Weil die harmlose Leuchterscheinung vor allem über den Polregionen zu sehen ist, spricht man von „Polarlichtern“. Bei einem Sonnensturm aber treffen so starke Ströme elektrisch geladener Partikel auf das Magnetfeld der Erde, dass die Polarlichter auch viel weiter im Süden zu sehen sind. Beim stärksten jemals beobachteten Magnetsturm am 1. und 2. September 1859 zuckten sogar am Himmel über Rom und Havanna Polarlichter.

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