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Die "Ara San Juan" - hier ein Foto aus dem Jahr 2014 - wurde in Deutschland gebaut.

© imago/Xinhua

Suche im Südatlantik: Drama um verschollenes argentinisches U-Boot

Seit einer Woche ist das die "ARA San Juan" verschollen. Der Sauerstoff reicht unter Wasser nur für sieben Tage – eine Spur gibt es bisher nicht.

Bei der Suche nach dem im Südatlantik verschollenen argentinischen U-Boot "ARA San Juan" droht den Rettern die Zeit davonzulaufen. Die 44-köpfige Besatzung verfügt über Sauerstoffreserven für sieben Tage, sollte das U-Boot getaucht sein. Da die letzte Funkverbindung am vergangenen Mittwoch hergestellt werden konnte und der Kapitän sich mit der Mitteilung verabschiedete, dass er die Fahrt unter Wasser fortsetzen wollte, wird die verbleibende Zeit nun knapp.

Wie die argentinische Marine erst am Montag eingestand, hat es offenbar einen Kurzschluss im Batteriensystem und einen Brand an Bord gegeben. Der Kommandant des U-Bootes habe anschließend berichtet, dass der Schaden behoben sei. Sein Schiff wurde umgehend zum Stützpunkt Mar del Plata zurückbeordert.

Warum die Marineführung ihm nach dieser Fehlermeldung erlaubt haben soll, die Fahrt im Tauchmodus fortzusetzen, lässt sich nur mit den schlechten Wetterbedingungen erklären. So fuhr die "ARA San Juan" zum Zeitpunkt der letzten Funkverbindung durch ein Gebiet mit schwerem Seegang. Seitdem ist der Kontakt abgerissen.

Inzwischen sind 14 Schiffe an der Suche beteiligt

Ein im Meer von zwei argentinischen Kriegsschiffen empfangenes Geräusch hatte am Montag die Hoffnung geweckt, es könnte von dem verschollenen U-Boot ausgegangen sein. Einem hochmodernen US-Seefernaufklärungsflugzeug Boeing P-8 wurde eine Aufzeichnung des Geräuschs überspielt. Mit einer speziellen Software wurde jedoch festgestellt, dass es nicht vom U-Boot stammen kann, sondern wahrscheinlich biologischen Ursprungs sei, erklärte am Montagabend (Ortszeit) Marinesprecher Enrique Balbi.

Kurz vorher hatten die Angehörigen der Besatzung, die auf dem Marinestützpunkt von Mar del Plata auf Nachrichten harren, eine weitere Enttäuschung erlebt. Sieben gescheiterte Anrufversuche eines Satellitentelefons waren darauf untersucht worden, ob sie vom "ARA San Juan" aus unternommen worden waren. Nach einer Recherche des Satellitenunternehmens Iridium stellte sich abermals heraus, dass die Spur nicht zu den Verschollenen führte.

An der zunächst schleppend angelaufenen Suchaktion nehmen mittlerweile 14 internationale Schiffe und zehn Flugzeuge teil, unter ihnen hoch spezialisierte Einheiten aus Großbritannien, den USA und Brasilien. Es handelt sich um den größten Marine- und Lufteinsatz im Südatlantik seit dem Falklandkrieg 1982.

Es ist schwer, ein U-Boot unter Wasser zu orten

Doch ist eine U-Boot-Jagd, auch wenn sie in friedlicher Absicht erfolgt, stets problematisch, da Unterwasserschiffe dafür konstruiert sind, unentdeckt zu bleiben. Ein abgetauchtes U-Boot versteckt sich im Meer unter Wasserschichten, die wie Decken übereinanderliegen. Da sind kalte und warme Schichten, von spezifischer Dichte und unterschiedlichem Salzgehalt, die es einem Sonargerät erschweren, deutliche Signale zu empfangen.

Was einem U-Boot also normalerweise zum Vorteil gereicht, wird ihm in der Not mitunter zum Verhängnis. Allerdings würde eine U-Boot-Besatzung in dem Wissen, dass nach ihr gesucht würde, alles unternehmen, um Krach zu schlagen. Dafür reichen einfachste Mittel: Schläge mit einem Schraubenschlüssel gegen die Rohrleitungen. Metallgeräusche werden vom Wasser gut übertragen.

Klopfsignale blieben nicht verborgen, wenn wie jetzt mit Mikrophonen in die Tiefe gehorcht wird. Andererseits erschweren anhaltend hohe Wellen von bis zu sieben Metern und starker Wind von bis zu 70 Stundenkilometern die Suche nach der Besatzung und stören die Ortung in dem 482.500 Quadratkilometer umfassenden Gebiet.

1963 gab es einen U-Boot-Unfall mit 129 Toten

Die "ARA San Juan" kann den Wasserdruck bis zu einer Tiefe von 600 Metern unbeschadet überstehen. Der Meeresgrund ist in dem Gebiet weniger tief. Doch wie dramatisch U-Boot-Unfälle sich entwickeln können, führte 1963 das Verschwinden der "USS Thresher" vor Augen. Sie war das erste Atom-U-Boot, das die USA zwei Jahre zuvor in Dienst gestellt hatten. Bei einer Übungsfahrt sackte sie nach einem Wassereinbruch unaufhaltsam ab und riss 129 Mann Besatzung in den Tod. Der zerborstene Rumpf wurde später in 2300 Metern Tiefe aufgespürt.

Schon Ende der 30er Jahre hatte die US-Marine eine Tauchglocke entwickelt, mit der Besatzungen auch unter Wasser erreicht werden konnten. Erstmals wurde das bis heute gängige Verfahren im Mai 1939 angewandt, als die "USS Squalus" vor der Küste von New Hampshire im eiskalten Atlantik sank. Die Crew konnte aus 73 Meter Tiefe geborgen werden, indem sie über Ausstiegsluken in die Kapsel umstieg.

Auch im aktuellen Fall wird bereits eine eventuelle Bergung am Ozeangrund vorbereitet. Vier Transportflugzeuge der US-Navy wurden vom Southern Command mit Sitz in Florida nach Patagonien entsandt. An Bord sind ein Mini- U-Boot, ein fernsteuerbares Unterwasserfahrzeug (ROV) sowie Druckkammern und weitere Ausstattung zur Tiefsee-Bergung. Das kleine Rettungs-U-Boot kann bis zu sechs Menschen auf einmal bergen.

Die "ARA San Juan wurde in Deutschland gebaut

Die "ARA San Juan" ist ein dieselelektrisch angetriebenes U-Boot, 65 Meter lang, gebaut 1983 im Auftrag der argentinischen Kriegsmarine von den damals dem Thyssen-Konzern gehörenden Nordseewerken in Emden. Ab 2007 wurde es in einer argentinischen Werft einer allgemeinen Überholung unterzogen, die wegen Etat-Kürzungen erst 2014 abgeschlossen war. Nun beklagen argentinische Medien, dass das Unglück sehr viel über den ökonomischen Zustand des Landes verraten könne. (mit dpa)

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