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In vielen Townships herrscht auch heute noch große Armut.

© imago/blickwinkel

Südafrika: Ein Weinfest im Township

Lange war Soweto Sinnbild der Rassentrennung und das Armenhaus Südafrikas. Inzwischen hat sich das gewandelt – nicht zuletzt zieht das alljährliche Weinfestival neue Eliten an.

In Südafrika beginnt am Freitag das ungewöhnlichste Weinfestival des Landes. Die noblen Herrenhäuser fehlen ebenso wie die Weinberge. Und auch das übliche – meist weiße – Publikum bleibt an diesem Wochenende zu Hause. Das Soweto Wine Festival richtet sich speziell an die Bewohner des gleichnamigen Bezirks. Soweto ist die Kurzform für „South Western Townships“ – es ist Südafrikas größte Armensiedlung.

„Wie viele exzellente Einfälle in Südafrika, wurde auch dieses Fest aus einem leicht beschwipsten Gespräch über Wein und Grillen im Hinterhof geboren“, sagen die Veranstalter. In einem Vorort von Johannesburg hatten die weiße Südafrikanerin Lynn Woodward und ihr schwarzer Nachbar Mnikelo Mangciphu die Idee, Wein an den Ort von Mangciphus Kindheit zu bringen. Zwölf Jahre später lockt ihre Veranstaltung tausende Bewohner, aber auch Touristen nach Soweto. „Von allen Produkten Südafrikas wird Wein am meisten gewürdigt. Er stammt von unserem Boden, wird geliebt und gehegt. Da scheint es nur natürlich, dass er von allen Südafrikanern genossen wird“, werben die Betreiber für ihr Festival.

Vermüllte Erdstraßen, streunende Hunde und ein Treffpunkt für Drogendealer, Bandenbosse und andere Kriminelle. Ausgerechnet hier soll das Zuhause einer neuen Elite von Feinschmeckern sein? 1948 war in Südafrika die rechtspopulistische Nationale Partei (NP) an die Macht gekommen und hatte den „Group Areas Act“ erlassen. Südafrikas Städte erklärte das weiße Minderheitsregime zu sogenannten „weißen Zonen“. Schwarze Südafrikaner wurden entweder in die „Homelands“ auf das Land oder an den Stadtrand ausquartiert. Dort bauten sich die billigen Arbeitskräfte ihre Wellblechhütten auf.

In den Achtzigern jedoch wuchs der Widerstand. Und auch von der internationalen Gemeinschaft hagelte es Sanktionen gegen die Kaprepublik und ihre prügelnden Sicherheitskräfte. 1991 gab die Regierung dem Druck schließlich nach: Die räumliche Rassentrennung fiel.

Die Armut ist immer noch schwarz

Allerdings konnten nur wenige Township-Bewohner ihre neugewonnene Reisefreiheit nutzen. Bis heute fehlen einem entscheidenden Teil die wirtschaftlichen Chancen, dem Ort zu entfliehen. Landesweit liegt die Arbeitslosigkeit bei 26 Prozent. Erst Ende Februar brach der Frust in Proteste gegen Ausländer aus. Mindestens 20 Geschäfte wurden geplündert, zehn Häuser brannte der Wutmob in Townships bei Johannesburg und Pretoria nieder. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und Gummikugeln ein, um Ausländer und Bewohner zu trennen.

Zum Sinnbild der Mittellosigkeit ohne Ausweg wurde Soweto. Im größten Township der Kaprepublik sammelte Nelson Mandela nach seiner ländlichen Kindheit erste Erfahrungen in einer Großstadt. Seit damals hat Soweto sich gewandelt. Das spiegelt sich auch in der Besucherstatistik des Weinfestivals wider: Eine Hälfte wuchs in Soweto auf und lebt heute in anderen Bezirken Johannesburgs, die andere Hälfte setzt sich aus Sowetos wachsender Mittelklasse zusammen. Schon jetzt macht die ehemals unterdrückte schwarze Bevölkerung mit 41 Prozent den größten Teil der Mittelschicht Südafrikas aus.

Wert der Township-Häuser steigt

Zahlenmäßig ist Armut in Südafrika nach wie vor schwarz. Doch der Aufschwung, der auf die demokratische Wende 1994 folgte, ging auch an den Townships nicht spurlos vorbei. Ob Khayelitsha im Westen oder Soweto im Osten des Landes – in Südafrikas Townships sprießen die Einkaufszentren, Kinos und Fastfood-Ketten. Durch den Bau von Krankenhäusern, Parks und Freizeitanlagen sollen die Armenregionen zusätzlich aufgewertet werden. Und es funktioniert: Die First National Bank (FNB) sieht in ihrem Immobilienindex schon länger den Trend, wonach der Wert von Township-Häusern schneller wächst als jener von Häusern in formellen Vororten.

Die neue Mittelschicht aus den Townships arbeitet als Callcenter-Agent oder Bankangestellter, benutzt moderne Smartphones und kauft neue Autos. Und natürlich liebt sie südafrikanischen Wein. „Wir tragen zum Soweto Wine Festival bei, seit es zwei Jahre alt war und die meisten schwarzen Leute in Soweto und der Provinz Gauteng nur wenig über Wein wussten“, erzählt Malmsey Rangaka. Ihre Familie betreibt die Weinfarm M’hudi in der Nähe von Kapstadt – eine der wenigen Weinfarmen der Kaprepublik mit schwarzem Besitzer. „Ich habe immer gestaunt, wie sehr der Event den Leuten die Weinverkostung näherbringt. Früher wollten sie volle Gläser, weil sie schließlich dafür bezahlt hatten. Heute kommen sie in feinen Kleidern und fragen nur nach einem kleinen Tropfen.“

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