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Es bleibt nur ein Haufen Geröll: ein eingestürztes Haus in L'Aquila am Sonntagmorgen.

© Claudio Lattanzo/dpa

Update

Südöstlich von Perugia: Schweres Erdbeben in Italien

Italien kommt nicht zur Ruhe: Nach zwei starken Erdstößen am Mittwoch erschütterte am Sonntagmorgen ein weiteres schweres Beben das Zentrum des Landes. Es soll Dutzende Verletzte geben.

Eines der stärksten Erdbeben in Italien seit Jahrzehnten hat schwere Schäden in der Region südöstlich von Perugia angerichtet. Einige Dutzend Menschen wurden verletzt, unter ihnen sei auch ein Mensch mit schwereren Verletzungen, sagte Zivilschutz-Chef Fabrizio Curcio laut Nachrichtenagentur Ansa in einer ersten Bilanz. Die Verletzten würden mit Hubschraubern in Sicherheit gebracht. Mehrere Menschen wurden lebend aus Trümmern geborgen.

„Es war ein sehr starker Erdstoß“, sagte der Cesare Spuri vom Zivilschutz in den Marken. Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Ussita, Marco Rinaldi, sagte der Nachrichtenagentur Ansa: „Es ist alles eingestürzt.“ In dem Ort hatten bereits die Beben von vergangenem Mittwoch starke Schäden angerichtet. „Ich sehe eine Rauchsäule, es ist ein Desaster, ein Desaster! Ich habe im Auto geschlafen und die Hölle gesehen.“

Der Präsident der Region Marken, Luca Ceriscioli, befürchtet Zehntausende Obdachlose. Die Zahl derjenigen, die Hilfe benötigten, könne auch auf bis zu Hunderttausend steigen, sagte Ceriscioli laut Ansa. Nach Informationen des Zivilschutzes sind rund 15.000 Menschen ohne Strom. Es gebe Probleme mit dem Trinkwasserversorgung, sagte Zivilschutz-Chef Fabrizio Curcio am Sonntagmittag.

Die Erdstöße am Sonntagmorgen hatten eine Stärke von 6,5, wie das italienische Institut für Geophysik und Vulkanologie und das Helmholtz-Zentrum in Potsdam ermittelten. Das Seismologische Zentrum Europa-Mittelmeer sprach von einer Stärke von 6,6. Das Zentrum lag bei dem Städtchen Norcia, in dem es schwere Zerstörungen gibt. Nur Teile der Basilika San Benedetto aus dem 14. Jahrhundert sowie der Kathedrale Santa Maria Argentea seien stehengeblieben, meldete Ansa. Norcia ist eine bekannte mittelalterliche Stadt.

Das Beben ereignete sich gegen 7.40 Uhr, laut den Experten in etwa 10 Kilometern Tiefe. Bei Betroffenen löste es Panik aus. In der Region Marken liefen Menschen erschreckt auf die Straße, wie Ansa berichtete. Das Beben sei deutlich und lange in der Provinz Umbrien und in Städten wie Florenz und Ancona - vor allem in oberen Stockwerken - zu spüren gewesen. Telefonleitungen in dem betroffenen Gebiet waren unterbrochen.

In Rom wurde vorübergehend die zwei zentralen Metrolinien A und B gestoppt. Es gebe technische Überprüfungen nach dem Beben um 7.40 Uhr, war auf der Internetseite der Verkehrsgesellschaft Atac zu lesen. Den Angaben zufolge gab es auch Verzögerungen im Zugverkehr. In der italienischen Hauptstadt wurden auch die Basiliken Sankt Paul vor den Mauern und San Lorenzo geschlossen. Die Sicherheitsdienste des Vatikan hätten zudem den Petersdom untersucht; dort jedoch keine Schäden entdeckt, berichtete Radio Vatikan.

In Amatrice ist nun auch der Kirchturm eingestürzt

Erst am Mittwochabend hatten zwei starke Erdstöße die Region erschüttert. Ein Mann starb, allerdings an den Folgen eines Herzinfarktes. Es gab mehrere Verletzte, Tausende sind obdachlos. Seither hatte es immer wieder leichte und schwere Nachbeben gegeben.

Mittelitalien war bereits vor zwei Monaten von einem verheerenden Beben heimgesucht worden. Bei dem schweren Erdstoß Ende August kamen nach offiziellen Angaben 298 Menschen ums Leben, die meisten in dem Ort Amatrice. Dort sind nun weitere Schäden zu beklagen. Der Kirchturm, der damals die Stöße noch weitgehend überstanden hatte, sei dort nun eingestürzt, berichteten der Sender RaiNews24 und Ansa. Der Agentur zufolge stürzte auch der Stadtturm ein. Der stellvertretende Bürgermeister von Amatrice, Gianluca Carloni, sprach von einigen Menschen mit leichten Verletzungen in seinem Ort.

Die italienische Regierung schätzte die Erdbebenschäden zuletzt auf rund vier Milliarden Euro. Das Land wird häufig von Erdstößen heimgesucht, die immer wieder verheerende Folgen haben. Das mittlere Italien ist eine derjenigen Regionen in Europa, die besonders häufig von schweren Erdstößen heimgesucht werden. Immer wieder trifft es die bergige Gegend in den Abruzzen. Grund für die Beben sind riesige Spannungen, die sich im Untergrund aufbauen. Denn der „Adriatische Sporn“ - ein Anhängsel der afrikanischen Erdplatte - reibt sich hier an der eurasische Platte. Auch deshalb haben sich Italiens Mittelgebirge aufgefaltet.

Eines der stärksten Beben seit Beginn der Aufzeichnungen in Italien

Das erneute Erdbeben in Italien ist sogar eines der stärksten, die je in Italien gemessen wurden. Das sagte der Seismologe Frederik Tilmann vom Deutschen Geoforschungsinstitut in Potsdam am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Die Erschütterung mit einer Stärke von etwa 6,5 sei eine Folge der verheerenden Erdstöße im Sommer rund um Amatrice.

Die Beben regten sich gegenseitig an, sagte Tilmann: „Wir sprechen von einer Erdbebensequenz - also mehreren Beben, die in der Größe etwas variieren, wo aber das größte nicht unbedingt am Anfang steht.“ Bereits Mitte der Woche hatte der Boden in der Region gebebt.

Es werde auf jeden Fall zu weiteren Nachbeben kommen. Die Gefahr für ein starkes Beben sei derzeit sehr viel höher als im langfristigen Mittel. „Es ist sicher weise, noch eine Weile wegzubleiben für die Menschen, die das können.“ (dpa, KNA)

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