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Tabakkonsum: Der Schock zur Kippe

Ab 2010 sollen drastische Bilder auf Zigarettenschachteln vor den Folgen des Tabakkonsums warnen. Die EU riet ihren Mitgliedern schon 2004 dazu, zurzeit analysiert die EU-Kommission die wirkungsvollsten Fotos.

Berlin - „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, behauptet das Deutsche Krebsforschungszentrum. Die Rede ist von besonders drastischen Bildern: ein Mund mit angefaulten Zähnen, Schwerstkranke an Schläuchen, schwarze Lungen, ein Mann mit dicker Kehlkopfgeschwulst. Zu sehen sein sollen sie in Deutschland künftig auf jeder Zigarettenpackung.

Ab Ende 2010 werde hierzulande kein Raucher mehr die Augen vor den Folgen seiner Sucht verschließen können, versprach Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Regierung, in Berlin. Das federführende Verbraucherministerium habe dieser Form der Abschreckung zugestimmt, und in der Koalition sei man sich einig. „Egal wie die Wahl ausgeht – die nächste Regierung wird das umsetzen.“

Dass die Bilder wirken, versicherte Martina Pötschke-Langer vom Heidelberger Krebsforschungszentrum. Drastische Fotodarstellungen erreichten Raucher und Rauchwillige besser und nachhaltiger als schriftliche Warnungen, weil sie negative Emotionen auslösten, sagte sie unter Berufung auf eine aktuelle Studie. Eine effektivere und kostengünstigere Gegenwerbung sei kaum machbar. Zudem erreiche man mit den Bildern soziale Schichten, die wenig lesen oder der Landessprache nicht mächtig sind.

Die Warnhinweise sollten mindestens die Hälfte der Packungsvorder- und rückseite bedecken, forderte die Expertin. Neben dem „emotionalisierenden Bild“ müsse es einen Text sowie eine Hotline-Nummer zur Raucherentwöhnung geben. Mit Schockbildern versuchen bereits 30 Länder, auf Gefahren des Rauchens hinzuweisen. In Europa sind es Belgien und Großbritannien, Lettland und die Schweiz kommen 2010 dazu. Die Debatte darüber laufe aber überall, versichert Pötschke-Langer, „die meisten werden das einführen“. Die EU riet ihren Mitgliedern schon 2004 dazu, zurzeit analysiert die EU-Kommission die wirkungsvollsten Fotos.

Solange in Deutschland noch 19 Millionen Menschen rauchten, dürfe man mit den Bemühungen nicht nachlassen, mahnte Bätzing. Zwar habe man es geschafft, die Quote der 12- bis 17-jährigen Raucher in acht Jahren fast zu halbieren, an die „Hardcore-Raucher“ komme man aber noch nicht so heran wie erwünscht. Zudem drohe die Gefahr, dass sich die Raucher an die Textwarnungen gewöhnten.

Die Bundesärztekammer begrüßte die Pläne. Vor den Folgen des Tabakkonsums könne man nicht drastisch genug warnen, sagte Präsident Jörg-Dietrich Hoppe. Skepsis gibt es in Union und FDP. Rauchern sei die gesundheitsschädigende Wirkung ihrer Sucht doch ohnehin meist bekannt, sagte Daniel Bahr (FDP) dem Tagesspiegel. Und es gebe Studien, wonach Jugendliche drastische Darstellungen sogar besonders cool fänden. „Dass eine neue Regierung die Schockfotos im Jahr 2010 einführt, sehe ich bislang nicht.“

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