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Panorama: Tatmotiv Fernsehprogramm: Mönch stach Klosterbruder nieder

Klöster sind ein Hort des Friedens, der Ruhe und des Schutzes vor dem Bösen. Dieser Ruf ist in Spanien seit einigen Tagen dahin.

Klöster sind ein Hort des Friedens, der Ruhe und des Schutzes vor dem Bösen. Dieser Ruf ist in Spanien seit einigen Tagen dahin. Seit ein Kapuzinermönch in der Hauptstadt Madrid hinter den dicken Mauern seines Konvents einen Mitbruder niederstach, beginnt Spaniens Christenwelt zu ahnen, dass auch im Kloster ganz normale Menschen leben, in deren Seelen sich Abgründe auftun können.

Zum Beispiel bei Bruder Jesus. Der Kapuzinermönch war bei Gläubigen im ganzen Land berühmt für seine private Seelsorge-Sprechstunde in seiner Klosterzelle in Madrid. Sünder, Kranke und Verzweifelte standen bei ihm Schlange, um Hilfe, Trost und Vergebung zu bekommen. Doch die Ratsuchenden wußten nicht, dass dieser Wunderheiler, 68 Jahre alt, selbst Riesenprobleme hatte. Denn eines Abends, gleich nach der Messe, drehte der Pater völlig durch: Er stach so lange mit einem langen Messer auf einen 72-jährigen Mitbruder ein, bis dieser schwer verletzt zusammenbrach. Das Leben des Opfers hängt immer noch am seidenen Faden. Dann floh der messerstechende Geistliche aus dem Kloster im Zentrum Madrids und war zunächst spurlos von der Bildfläche verschwunden.

Stunden später wird der Kapuzinerpriester gefunden: Er lag tot in einem benachbarten Park, neben ihm acht leere Schachteln eines starken Beruhigungsmitteln, die Hände wie zum Gebet gefaltet. "Wir sind geschockt", sagte einer seiner 18 Mitbrüder, mit denen er in dem Kloster lebte. Schon Stunden später bemühen sich katholische Kirche und Kapuzinerorden um Schadensbegrenzung für das Christenwerk: Sie suchen verzweifelt nach Gründen, warum ein Mönch, der sein ganzes Leben der Nächstenliebe gewidmet hatte, über Nacht zum Berserker wurde. "Pater Jesus muss einen Anfall von Wahnsinn bekommen haben", heißt es. Er sei ja immer schon ein wenig eigenartig gewesen: Launisch, depressiv, habe an Verfolgungswahn gelitten. Schon länger habe sich Bruder Jesus deswegen in psychiatrischer Behandlung befunden.

Auch der Erzbischof Madrids, Antonio Maria Rouco, breitet schützend seine Hände über dem Unfassbaren aus und bittet "Gott um Vergebung" für dieses Verbrechen. "Die Tat ist produziert worden durch eine klare Geisteskrankheit des Geistlichen", sagte er. Derweil hört man hinter den Klostermauern, dass der Täter und sein Opfer sich schon länger spinnefeind waren. Angeblich stritten sich die beiden am Abend der Tat. Und zwar im Fernsehsaal des Klosters. "Möglicherweise darum, welches Programm eingeschaltet werden soll", verlautet aus dem Konvent.

Ralph Schulze

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