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Dunkle Mächte. Selbst ernannte Tempelritter in Haldensleben.

© dapd

Templer: 700 Jahre Verbot der Tempelritter

Verschwörungstheoretiker aller Länder kennen das Datum. Am 22. März 1312 ließ Papst Clemens V. den Orden der Tempelritter verbieten – ihre Idee lebt bis heute fort.

Die irrwitzige Idee eines auf Jahrhunderte angelegten Plans lässt Umberto Eco seine Figuren im „Foucaultschen Pendel“ entwickeln, mit dem eine Geheimgesellschaft die Weltherrschaft erringen wolle. Als Geheimgesellschaft dient Eco der Orden der Tempelritter. Und wenn Tom Hanks als Professor Robert Langdon im „Da Vinci Code“ vor der Pyramide im Innenhof des Louvre in Paris steht, dann hat er herausgefunden, dass die Templer, die Hüter des Heiligen Grals, den Gral hier verborgen halten. Bei Eco ist der Gral das Wissen darum, dass Maria Magdalena Jesus’ Frau war. In der Verfilmung von Dan Browns „Sakrileg“ findet Langdon dann heraus, dass der Heilige Gral wirklich existierte und die Gebeine der Geliebten Christi birgt.

Dabei ist der Templerorden seit inzwischen genau 700 Jahren verboten. Im Kampf um die Macht zwischen Kirche und König im Mittelalter hat man die Ritter in den weißen Mänteln mit rotem Tatzenkreuz der Sodomie angeklagt, der Ketzerei und zumindest in Frankreich auf einen Schlag verhaftet, gefoltert und auf Scheiterhaufen verbrannt. Seitdem haftet dieser nach der christlichen Eroberung Jerusalems 1099 gegründeten „armen Ritterschaft Christi vom Salomonischen Tempel“ die Aura des Geheimbundes an. Verschwörungstheoretiker aller Länder vereinigen sich in der Verehrung der Tempelritter und im Glauben, der Orden hätte mit einem sagenhaften Schatz all die Jahrhunderte im Geheimen weiterexistiert.

Zum Schutz der Pilger ins Heilige Land hatten französische Ritter den Orden um 1118/19 in Jerusalem gegründet. Im neu gegründeten Königreich Jerusalem gab der König dem Orden einen Flügel der Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg als Quartier. An derselben Stelle soll auch der erste salomonische Tempel gestanden haben. Daher der Name des Ordens. Auf dem Tempelberg könnte aber auch, wenn es ihn denn gegeben hätte, der Heilige Gral zu finden gewesen sein. In den Mythen taucht der Gral auch als der Kelch auf, aus dem Jesus beim letzten Abendmahl trank oder als der, in dem nach der Kreuzigung sein Blut aufgefangen wurde.

Unzählige Gruppen bezeichnen sich als Nachfahren der Templer

Zwar erobert 1187 Sultan Saladin Jerusalem für die muslimische Welt zurück. Und folgenden Kreuzritterheeren, auch dem des Richard Löwenherz, gelingt es nicht, die Stadt wieder unter christliche Herrschaft zu bringen. Aber der Macht des Templerordens schadet das zumindest vorerst nicht. Sie breiten sich aus, gründen Niederlassungen in ganz Europa, verstehen sich auf die Vermehrung ihres Ruhms und ihres Reichtums und entwickeln sich so als direkt dem Papst unterstellte, staatsunabhängige Organisation zur Gefahr für weltliche Herrscher. Gerüchte über seltsame Rituale des Ordens nutzt schließlich Philipp IV. von Frankreich um die Organisation zu zerschlagen. Und obwohl Papst Clemens V. selbst den Templern nach eigenen Untersuchungen die Absolution erteilte, wie das erst vor ein paar Jahren in den Archiven des Vatikan gefundene „Pergament von Chinon“ belegt, suspendierte er den Orden. Der Papst mit Sitz in Frankreich konnte dem französischen König nicht die Stirn bieten. Die Absolution wurde nie veröffentlicht. Am 22. März 1312 löste Papst Clemens V. die „Arme Ritterschaft Christi und des salomonischen Tempels zu Jerusalem“, mit der Bulle „Vox in excelso“ auf.

Auf die Trikots ihrer Schulsport-Teams hat die Tempelherren-Grundschule in Berlin-Tempelhof das rote Tatzenkreuz drucken lassen. Das einst selbstständige Tempelhof ist ursprünglich eine Gründung des Templerordens, eine sogenannte Komturei. Und der deutsche Tempelherrenorden, so heißt es in der Selbstdarstellung der Schule, finanziert die Kleidung der Teams. Durchaus ehrenhafte ökumenische Orden und freiheitliche Institutionen beziehen sich heute auf die vor 700 Jahren verdammten Ritter.

Die „Ritter Christi vom Tempel zu Jerusalem“ in Köln, denen es ein großes Anliegen ist, sich von „unseriösen, esoterischen, unchristlichen oder freimaurerischen“ Gruppen abzugrenzen, unterstützen soziale Projekte in Deutschland und in Palästina. Wie Josef Urbic, Leiter des Kinderheims St.-Josef-Stift in Köln, erzählt, finanziert oder bezuschusst der Templerorden zum Beispiel Ferienfreizeiten der Kinder oder ganz praktische Dinge wie Tischtennisplatten. „Die Templer sind seit mehr als 20 Jahren Freunde und Förderer des Hauses“, sagt Urbic. Es gibt Templerfans, die sich treffen, um Wissen über die Ritter zu sammeln. Es gibt Templer-Klubs, die in historischer Kleidung und selbst fabrizierten historischen Waffen Kämpfe ebenso wie Märkte abhalten. „Wir sind kein Orden, wir sind keine Neo-Templer, wir sind nicht rechts“, diese Feststellung ist Historienfans wichtig.

Die Rechten, die Neo- oder Neutempler tummeln sich noch immer auch in der unübersichtlichen Reihe zeitgenössischer Templer. Bis hin zur Sekte der Sonnentempler, auf deren Konto in den 1990er Jahren Massenmorde an ihren Mitgliedern in der Schweiz und in Frankreich gehen. Oder Gruppen, wie die, die von in der Sowjetunion „gezüchteten nicht-menschlichen Wesen“ fabulieren, die als „Geheimwaffe“ den Sieg bei Stalingrad gebracht hätten.

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