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Tiere: Nürnberger Eisbären-Baby darf weiterleben

Drama im Nürnberger Zoo: Erst fraß Eisbärdame Vilma ihre beiden Babys auf, dann verstieß Bärin Vera ihren fünf Wochen alten Sohn. Der Kleine soll jetzt mit der Flasche aufgezogen werden.

Den ursprünglichen Vorsatz, das Tier sterben zu lassen, sollte sich die Mutter nicht mehr um ihren Nachwuchs kümmern, brachte im Nürnberger Zoo dann doch niemand übers Herz. "Ich hätte heulen können", sagte Zoodirektor Dag Encke. "Die Mutter hat das Kind rausgeschleppt und liegengelassen", berichtete er niedergeschlagen.

Für die Verantwortlichen im Tiergarten ist die Handaufzucht ein Horrorszenario. Noch vor einigen Tagen hatte Zoo-Vizechef Helmut Mägdefrau verkündet, nicht einzugreifen. "Wenn sie ihre Kleinen sterben lassen wollen, dann müssen die eben sterben", hatte er betont. Doch am Dienstag wollte man davon nichts mehr wissen.

Kalt ließ Eisbärendame Vera die Trennung von ihrem Sohn offensichtlich nicht: Sie lief am Gitter des Geheges unruhig auf und ab, gelegentlich brüllte sie laut. Das Jungtier verkroch sich unterdessen im Inneren der Höhle, Tierpfleger eilten herbei. Vor der Anlage brachten sich bereits erste Kamerateams und Fotografen in Position. Denn nach dem Weltstar Knut im Berliner Zoo hat Bayern nun den Eisbären "Edi".

Parallelen zu Edmund Stoiber

Den Namen Edi will zumindest Grünen-Landtagsfraktionschef Sepp Dürr dem Tier geben. Die Parallelen des Schicksals des kleinen Bären zu dem des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) seien augenscheinlich, sagte Dürr: "Auch Edi Stoiber wurde ja von seiner Mutterpartei verstoßen." Die Stadt Nürnberg und auch der Zoo verschwenden an den Namen aber noch keinen Gedanken. Zunächst gehe es nur darum, das Jungtier durchzubringen.

"Wir haben beschlossen, sofort einzugreifen", sagte der Zoodirektor. Die Eisbärenmutter habe sich in der Bruthöhle offenbar nicht mehr sicher gefühlt. Sie sei sehr nervös gewesen, habe ihr Baby zunächst raus- und dann wieder reingetragen. Doch scheinbar konnte Vera keinen geeigneten Platz für ihren Nachwuchs finden. Anschließend habe sie den kleinen Eisbärenjungen draußen alleine im Heu liegengelassen. "Warum sie unsicher geworden ist, wissen wir nicht", betonte Encke. Bis dahin sei alles nach Plan verlaufen.

Spätere Verhaltensstörungen wahrscheinlich

Doch nun bestehe keine Chance mehr, dass die Mutter ihren Kleinen noch in Ruhe großziehe. Deshalb sei am Mittag die Entscheidung für die Trennung und eine Aufzucht per Hand gefallen. Direktor Encke steht dieser Lösung nach wie vor kritisch gegenüber. Solche Tiere seien als Erwachsene stark auf Menschen fixiert, weshalb eine Nachzucht oft misslinge. Encke will alles daran setzen, aus dem Tier dennoch einen richtigen Eisbären zu machen.

Nürnbergs 2. Bürgermeister Horst Förther (SPD) lässt jedoch wenig Hoffnung: Man müsse "fast davon ausgehen", dass der Kleine später Verhaltensstörungen haben werde. Dennoch hält er die Entscheidung für richtig. Der Zoo habe nicht anderes handeln können. "Wir werden im Tiergarten kein Tier verhungern lassen", betonte der Bürgermeister. Das sehen die Zoobesucher genauso. "Man kann den Eisbär doch nicht einfach sterben lassen", sagte ein älterer Herr.

Doch auch eine Handaufzucht ist nicht ohne Risiken. Der Zoodirektor betonte: "Es ist keine Überlebensgarantie." Bislang scheint das Baby aber keine Schäden davon getragen zu haben, es ist wohlauf. "Das Kleine war topfit", berichtete Encke. Im Zoo stünden Pfleger bereit, die Erfahrung mit einer Tieraufzucht hätten. Ein Ziehvater ist sicher schnell gefunden. (svo/ddp)

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