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Panorama: Trauer in Frankreich

Nie wurden so viele Franzosen bei einem Unglück getötet – Urlauber in Scharm el Scheich vergnügen sich weiter

Ganz Frankreich trauert. Die Bestürzung über die mit 133 französischen Opfern größte Flugzeugkatastrophe, die das Land jemals getroffen hat, ist so groß, dass überall die Fahnen auf Halbmast hängen. 48 Stunden nach dem Absturz der Unglücksmaschine FHS 604, einer Boeing 737 der ägyptischen Chartergesellschaft Flash Airlines, im Roten Meer, unweit des ägyptischen Ferienparadieses Scharm el Scheich, wurden viele katholische Messen in Frankreichs Kirchen an diesem ersten Sonntag im neuen Jahr zu Trauergottesdiensten. Manche kleine Ortschaften beklagen den Tod ganzer Familien, beispielsweise Talant in der Nähe von Dijon, wohin der prominente Rechtsanwalt im Ruhestand, Philippe Fouchard, mit seiner Frau und seinen neun Kindern und Enkelkindern nie mehr zurückkehren wird. Er und seine nächsten Angehörigen hatten die Weihnachtsferien in dem beliebten sonnigen Ferienort an der ägyptischen Küste verbracht und wollten nach einer fröhlichen Silvesterfeier im Hotel am Sonnabend in die Heimat zurückkehren.

Dass sich das Unglück mitten in einer Zeit ereignete, in der die Angst vor neuen Selbstmordattentaten gegen Passagiermaschinen den Flugalltag bestimmt und Nachrichten internationaler Geheimdienste fast täglich für Panik sorgen, erschwerte die Beruhigung der Gemüter. Erleichtert war ganz Frankreich über die umgehende Hilfe der ägyptischen Behörden und die beinahe sichere Information, es habe sich um einen Unfall gehandelt, ausgelöst durch ein technisches Versagen. Gesichert sind bislang nur zwei Angaben: Der Pilot des elf Jahre alten Flugzeugs sendete keinen Notruf ab, riss aber seine Maschine ohne ersichtlichen Grund aus der normalen Linkskurve beim Start nach rechts, wo das Flugzeug nach zwei Minuten aufs Meer prallte und zerschellte.

Was mit der Maschine, die ein mit 6500 Flugstunden erfahrener ägyptischer Pilot steuerte, allerdings wirklich passierte, ist auch zwei Tage nach dem Absturz völlig unklar. Am Sonntagmorgen traf ein französischer Tauchroboter an der Absturzstelle ein, um die Bergung der Toten in einer Tiefe von mehr als 500 Metern zu unterstützen. Ein nach Expertenangaben schwieriges Unterfangen, bis Sonntagnachmittag konnten lediglich 20 Leichenteile geborgen werden. Heute wird die in Dschibuti stationierte französische Fregatte „Tourville" an der Unglückstelle erwartet. Sie soll mit ihrem Radarsystem bei der Ortung des Wracks und des Flugschreibers helfen. Experten rechnen aber damit, dass es lange Zeit dauern könnte, bis der Flugschreiber gefunden ist.

Unterdessen gingen am Sonntag, einen Tag nach dem Unglück, viele europäische Urlauber wieder ihrem Vergnügen nach und sonnten sich am Strand oder badeten im Meer. In der ägyptischen Presse wurde die Befürchtung geäußert, dass der Tourismus des Landes und vor allem der in Scharm el-Scheich, unter dem Absturz leiden könnte.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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