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Türkei: 91 "Ehrenmorde" seit 2000

Der Berliner "Fall Sürücü" ist beileibe kein Einzelfall. Bei so genannten Ehrenverbrechen sind in der Türkei seit dem Jahr 2000 nach Polizeiangaben 91 Frauen ums Leben gekommen.

Ankara - Die Opfer seien zwischen 19 und 25 Jahre alt gewesen, berichteten türkische Zeitungen unter Berufung auf einen Polizeibericht. Die meisten "Ehrenmorde" seien in Ost- und Südostanatolien begangen worden. Die Polizei weist demnach darauf hin, dass häusliche Gewalt in der gesamten Türkei weit verbreitet ist. Demnach werden 62 Prozent der Frauen zu Hause misshandelt, nur 17 Prozent seien während ihrer Kindheit oder Ehe niemals Opfer häuslicher Gewalt geworden. In den Metropolen Ankara und Istanbul sei das Problem noch weiter verbreitet.

In einer Umfrage, die Frauenorganisationen in Diyarbakir, der größten Stadt im Südosten der Türkei, in Auftrag gaben, wurden "Ehrenmorde" von 37 Prozent der Befragten gutgeheißen. Familien bestimmen meist in einer Versammlung, welches Familienmitglied die Tat ausführen soll. Anlass sind meist außereheliche Beziehungen von Frauen.

Die türkische Regierung hatte Anfang Juli ein schärferes Vorgehen gegen die so genannten Ehrenverbrechen angekündigt. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte in einem Erlass ein Zusammenwirken staatlicher und gesellschaftlicher Kräfte und regte einen mehrjährigen Aktionsplan zur Eindämmung dieser Gewalttaten an. Geplant sind Aktionsbündnisse auf regionaler und lokaler Ebene, eine vermehrte Einstellung von Frauen bei der Polizei oder die Einrichtung einer Telefon-Hotline für Gewaltopfer. Die Europäische Union hatte die Türkei bereits gemahnt, die Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft zu verbessern, wenn sie Mitglied der EU werden wolle. (tso/AFP)

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