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Türkei: Die Russen erobern Antalya

Die Deutschen sind nicht länger die Platzhirsche in der Südtürkei. Die deutschen Touristen verlieren den Rang als stärkste Gruppe der Urlauber rund um Antalya.

Lange Zeit war der südtürkische Urlaubsort Antalya in den Sommermonaten fest in deutscher Hand. Allein im vergangenen Jahr besuchten 4,4 Millionen Bundesbürger die Türkei, und ein Großteil von ihnen verbrachten ihre Ferien in den Hotels in der Nähe der Stadt an der türkischen Riviera. Antalya hat einen deutschen Pfarrer und Restaurants, in denen sich deutsche Urlauber mit einer Currywurst versorgen können, wenn sie Heimweh bekommen.

Aber die Deutschen sind nicht mehr die unangefochtene Nummer eins. Die Russen machen ihnen Konkurrenz. Im Juni wurden in Antalya zum ersten Mal in einer Monatsbilanz mehr Russen als Deutsche gezählt: 481.300 zu 478.400 lautete das Ergebnis.

Kreml in Antalya

Vor Ort sind die Folgen bereits unübersehbar. Schon seit Jahren gibt es in Antalya ein Hotel, das dem Kreml in Moskau nachempfunden ist. Im Mai öffnete das Luxushotel "Mardan Palace" seine Tore. Satte 1,4 Milliarden Dollar hat es gekostet. Der aus Aserbaidschan stammende russische Geschäftsmann Telman Ismailow ließ zur Eröffnung des 1250-Betten-Hotels amerikanische Filmstars wir Sharon Stone und Richard Gere nach Antalya einfliegen. "Das schönste Hotel, das ich je gesehen habe", gab der ebenfalls von Ismailow eingeladene Sänger Tom Jones zu Protokoll.

In der Türkei erntete Ismailow Bewunderung, in seiner Heimat geriet er unter Druck. Ministerpräsident Wladimir Putin, der im kommenden Monat die Türkei besuchen will, soll angeblich schlecht auf den Geschäftsmann zu sprechen sein, weil der seine Milliarden lieber im Ausland als in Russland investiert. Nach Medienberichten will Ismailow deshalb einen türkischen Pass beantragen.

"Olga überholt Helga"

Allein ist er als finanzkräftiger russischer Unternehmer in Antalya nicht. Die russische Mirax-Gruppe kaufte in Kemer bei Antalya für 340 Millionen Dollar ein Hotel mit mehr als 3000 Betten. Weitere Investitionen sind geplant.

Es ist kein Wunder, dass sich russische Unternehmer so für die Gegend interessieren. Im Jahr 2005 kamen rund 1,5 Millionen russische Urlauber in der Türkei - bis zum vergangenen Jahr hatte sich diese Zahl fast verdoppelt. Bei einem Besuch in der Türkei regte Patriarch Kirill, der Chef der orthodoxen Kirche Russlands, den Bau einer russischen Kirche für Urlauber aus seinem Land an.

"Olga überholt Helga", titelte eine türkische Zeitung angesichts des Trends. Doch nicht alle sind begeistert. Viele deutsche Gäste beschweren sich über schlechte Manieren der Russen. An den Stränden tobt schon am frühen Morgen der Kampf um die Liegen, und in der Nacht bekommt so mancher deutsche Urlauber kein Auge zu, weil die Russen Party machen. "Jede Nacht vier, fünf Uhr, volle Kanne besoffen kommen die dann in ihre Zimmer", erinnerte sich ein gestresster deutscher Urlauber.

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