zum Hauptinhalt

Türkei: Marco W. darf nach Hause

Endlich Gewissheit: Zehn Tage vor Weihnachten darf Marco Weiss gemeinsam mit seinem Vater die Türkei verlassen. Spätestens morgen früh werden sie in den Flieger nach Deutschland steigen.

Nach acht Monaten in türkischer Untersuchungshaft ist der deutsche Jugendliche Marco W. auf freien Fuß gesetzt worden. Wie Prozessteilnehmer in Antalya mitteilten, hob das Schwurgericht den Haftbefehl am achten Verhandlungstag auf und erlaubte Marco W. auch die Ausreise nach Deutschland. Der 17-Jährige sollte nach Erledigung der Formalitäten  noch am Abend aus der Haftanstalt außerhalb von Antalya entlassen werden und muss auch keine Kaution hinterlegen. Nach Angaben seines Verteidigers Mehmet Iplikcioglu wollte er zusammen mit seinem Vater noch am Freitag die Türkei verlassen und nach Deutschland fliegen. Der Prozess soll am 1. April fortgesetzt werden.    In dem Verfahren vor dem 1. Schwurgericht in Antalya wird Marco W. von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, im Osterurlaub in Side bei Antalya ein 13jähriges Mädchen aus Großbritannien sexuell missbraucht zu haben, der Prozess war durch eine Strafanzeige der Mutter des Mädchens ausgelöst worden. Das Gericht hatte bei den  bisherigen Verhandlungen stets die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet und dies mit der Fluchtgefahr und der Schwere des Schuldvorwurfs begründet.    Nach einer Meldung der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu fiel die Entscheidung des Gerichts zur Freilassung des Angeklagten, nachdem Marcos Anwälte erneut die vorzeitige Haftentlassung beantragt hatten. Die Anklage drang dagegen auf eine Fortsetzung der Untersuchungshaft.

Beschwerde beim Menschenrechtsgerichtshof
  
Die Entscheidung zur Freilassung aus der Untersuchungshaft habe das Gericht damit begründet, dass es zur Aufklärung des Falls noch weitere Informationen und Dokumente benötige, deren Beschaffung länger dauern könnte, sagte Rechtsanwalt Ömer Aycan, der vor Gericht die Interessen des mutmaßlichen Opfers Charlotte M. vertritt.
  
"Unsere Bemühungen haben Erfolg gehabt", erklärte dagegen Marcos Verteidiger Mehmet Iplikcioglu die Freilassung. Der Anwalt aus Istanbul hatte am Montag bei Gericht einen ausführlich begründeten Antrag auf vorläufige Freilassung eingereicht. Marcos deutsche  Anwälte reichten unterdessen am Donnerstag beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg eine Beschwerde gegen die Dauer der Untersuchungshaft ein.
  
Unklar bleibt, welche Rolle der SPD-Europapolitiker und Tourismusunternehmer Vural Öger bei der Entscheidung des Gerichts spielte. Öger hatte Marco am Vorabend im Gefängnis besucht; nach einem ARD-Bericht soll er zudem mit dem Vorsitzenden Richter  Abdullah Yildiz gesprochen haben. Der Fernsehsender ProSieben meldete am Abend, Marco werde möglicherweise mit einer Privatmaschine Ögers aus der Türkei nach Deutschland fliegen.
  
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Freilassung des Realschülers.  "Mit ihm freuen sich auch viele Menschen in Deutschland", sagte Merkel in Brüssel. Der Bürgermeister von Marcos Heimatstadt Uelzen zeigte sich ebenfalls erleichtert über die  Freilassung. "Das ist eine gute Nachricht und ein gutes Gefühl zum dritten Advent." Marcos Anwälte hatten die lange Untersuchungshaft immer kritisiert. Sie legten deshalb am Freitag auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde ein und machten geltend, die lange Untersuchungshaft des 17-Jährigen verstoße gegen das Grundrecht auf Freiheit. (mpr/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false