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Das marmorne Taufbecken der Hagia Sophia in Istanbul.

© Reu

Türkei: Über 1500 Jahre altes Taufbecken in Istanbul präsentiert

In Istanbul ist ein Taufbecken der historischen byzantinischen Kirche Hagia Sophia präsentiert worden. Nie zuvor konnte ein so großes Becken gezeigt werden, das zudem wohl noch älter ist als die Kirche selbst.

Erstmals seit der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen ist das Taufbecken der Hagia Sophia wieder zu sehen: Zum Abschluss ihres Jahres als Europäische Kulturhauptstadt präsentierte die türkische Metropole Istanbul diese Woche das gewaltige Marmorbecken, das nach mehr als einem halben Jahrtausend wieder ans Tageslicht geholt und restauriert wurde. Das Taufbecken ist vermutlich noch älter als das gegenwärtige Gebäude der Hagia Sophia, das im Jahr 537 eingeweiht wurde – möglicherweise stammt es aus einer der beiden Vorgängerinnen, die 360 und und 415 errichtet und bei Aufständen niedergebrannt wurden. Voraussichtlich ab dem Frühjahr soll das kulturgeschichtlich einmalige Fundstück der Öffentlichkeit zur Besichtigung zugänglich gemacht werden.

Ein einzigartig wertvolles Stück sei das Taufbecken, schwärmte Haluk Dursun, der Museumsdirektor der Hagia Sophia, vor Journalisten im Vorhof des Baptisteriums, wo das über zwölf Kubikmeter große Marmorbecken nun steht. Alle bisher bekannten byzantinischen Taufbecken sind kleiner, vergleichbar ist nur das Taufbecken im Baptisterium der Orthodoxen in Ravenna. „Aber keines ist so groß und so alt wie dieses und dazu noch aus einem einzigen Block gehauen.“ Warum das oval geschwungene Becken so groß ist, darauf weisen die Treppenstufen im Inneren hin: Das Becken wurde zu Massentaufen genutzt, bei denen die Täuflinge auf der einen Seite hinein und auf der anderen Seite hinausstiegen.

„Dieses Taufbecken sehen wir zum ersten Mal seit den Tagen von Sultan Mehmet dem Eroberer“, sagt Museumsdirektor Dursun. Mehmet der Eroberer befehligte die osmanischen Truppen, die im Mai 1453 die byzantinischen Stadtmauern über dem Goldenen Horn durchbrachen und Konstantinopel einnahmen. Als symbolischen Höhepunkt ihrer Eroberung der damals seit mehr als tausend Jahren christlichen Stadt wandelten die Osmanen die Hagia Sophia in eine Moschee um. Das Baptisterium - die Taufkapelle – nutzten sie zunächst als Lager für das Öl zur Beleuchtung der Moschee; das Taufbecken blieb in dieser Zeit unbeachtet im Lager stehen.

Das änderte sich im Jahr 1639, als der geistig behinderte und mehrfach abgesetzte Sultan Mustafa I. starb. Am Hof hatte man offenbar keine Lust, für den ungeliebten Ex-Herrscher eine weitere Sultansgruft auf das Gelände der Hagia Sophia zu setzen, wie das etwa für Sultan Selim II. geschehen war. Mustafa I. wurde kurzerhand im hastig ausgeräumten Baptisterium beigesetzt, das sich bald als letzte Ruhestätte für minder bemittelte Sultane durchsetzte - schon neun Jahre später kam Sultan Ibrahim der Verrückte dazu. Zusammen mit 15 anderen Höflingen liegen sie bis heute in der Taufkapelle.

Das Taufbecken war allerdings im Weg, als das Baptisterium für die Beisetzungen vorbereitet wurde. Von seinem ursprünglichen Platz unter der Kuppel des Baptisteriums wurde es deshalb aus dem Fenster auf den Vorhof hinaus gehoben, der die Taufkapelle vom Hauptgebäude der Kirche trennt – eine erstaunliche Leistung, wenn man die Ausmaße des Steines bedenkt: 3,3 Meter lang, 2,5 Meter breit und 1,5 Meter hoch ist das Taufbecken, das aus einem einzigen Marmorblock gehauen ist. „Selbst wir können es kaum anheben“, sagt Museumsdirektor Dursun, der das Gewicht deshalb selbst nicht kennt. Dennoch schafften es die Osmanen, das Becken zu versetzen, ohne es zu zerbrechen – „eine riesige Leistung“, meint Dursun.

An seinem neuen Platz verschwand das Taufbecken alsbald unter der Erde, denn die Osmanen schaufelten das bei den Beerdigungen ausgehobene Erdreich in den Vorhof, der bald zugeschüttet war. Dort ruhte das Becken weitere dreihundert Jahre lang in Vergessenheit, bis auch das Osmanische Reich unterging und die Hagia Sophia von der Türkischen Republik in ein Museum umgewandelt wurde. Bei Probegrabungen und Vermessungen auf dem Gelände wurde das Becken schon vor Jahrzehnten geortet, doch ausgegraben und restauriert wurde es erst jetzt, mit Mitteln der Europäischen Kulturhauptstadt. Das Museum will nun noch einen Zugang zu dem Vorhof bauen, der dem Massenansturm der Besucher standhalten kann. Museumsdirektor Dursun hofft, das Taufbecken noch vor Ostern zur öffentlichen Besichtigung freigeben zu können.

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