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TV-Spot: Birdie im Weltall

Die Crew der Internationalen Raumstation ISS hat sich als Werbefilmer versucht. Der russische Bordingenieur Michail Tjurin schlug dabei einen vergoldeten Golfball in den Weltraum.

Berlin - Bei Tempo 28.000 drehten Tjurin und sein US-amerikanischer Astronautenkollege Michael Lopez-Alegria rund 350 Kilometer über der Erde einen PR-Spot für eine kanadische Golf-Firma. Tjurin schlug dabei zu Beginn eines mehrstündigen Ausstiegs in den freien Raum einen nur drei Gramm schweren, vergoldeten Golfball von einer Spezialplattform in den Weltraum, und Lopez-Alegria hielt das Spektakulum mit der Kamera im Bild fest.

So elegant wie Bernhard Langer oder Tiger Woods schwang der Russe das Eisen allerdings nicht. Dazu fehlte ihm auch die Erfahrung. Denn bisher ist nicht durchgedrungen, dass sich Tjurin oder einer seiner Kosmonauten-Freunde in diesem Elite-Sport hervorgetan hätten. Er habe aber fleißig trainiert, versicherte der 46-Jährige. Außerdem bringe er aus seinem geliebten Eishockeysport ein gewisses Ballgefühl mit.

Aber selbst wenn Tjurin ein geübter Golfer wäre, hätte er seine Qualitäten dort oben auf der Umlaufbahn nicht ausspielen können. Denn daran hinderten ihn schon sein klobiger 130-Kilo-Ausstiegsskaphander und die groben Handschuhe. Letztere waren es auch, die ihn zwangen, einen ganz neuen Stil zu kreieren. Tjurin schlug nämlich den Ball mit einer Hand ab. Dabei zielte er auf einen imaginären Punkt weit unten hinter der ISS. Nach Auskunft des russischen Flugleitzentrums in Koroljow bei Moskau hatte der Kosmonaut zudem Mühe, das Gleichgewicht beim Abschlag zu halten, so dass der Ball nicht ganz in die gewünschte Richtung flog.

Flugbahn im Internet

Nun hoffen alle, dass die Kugel, deren Flugbahn auf der Website des kanadischen Unternehmens "Element 21 Golfs" zu verfolgen sein soll, dennoch nach zwei bis drei Tagen die Erdumlaufbahn verlässt und ohne Schaden anzurichten in den dichten Schichten der Atmosphäre verglüht. Ob das Experiment in Anlehnung an das Armstrong-Wort bei der Mondlandung ein "kleiner Schlag für den Menschen und ein großer für die Menschheit" sein wird, darf bezweifelt werden.

Die Russen interessiert dabei vermutlich nur das Geld. Deshalb haben sie den Werbegag, der schon von der vorangegangenen ISS-Besatzung ausgeführt werden sollte, letztlich auch gegen den hartnäckigen Widerstand der Amerikaner durchgesetzt. Wie viel ihnen die Kanadier dafür zahlen, wird gehütet wie ein Staatsgeheimnis.

Gefährlicher Golfball?

Auch als Weltraumpremiere taugt das Golf-Spektakel nicht. Denn schon vor 35 Jahren, im Februar 1971, hat US-Astronaut Alan Shepard während der "Apollo 14"-Mission auf dem Mond Golf gespielt. Der Ball flog damals nach Expertenschätzungen mehrere Meilen weit und landete irgendwo im Staub des Erdtrabanten. Aber vielleicht reicht es für Tjurin ja doch noch zu einem Eintrag in das Guinness Buch der Rekorde. Schließlich legt die kleine Kugel diesmal tausende Kilometer zurück.

Kritisch könnte es allerdings werden, wenn der Ball nicht wie geplant verglüht, sondern fröhlich weiter seine Runden dreht - dann aber nicht mehr als Werbegag, sondern als gefährlicher Weltraumschrott, der auch der ISS einmal in die Quere kommen könnte. Experten in Ost und West hatten eindringlich vor dem Experiment gewarnt. Auch im All gelte schließlich die Regel, dass man sich immer zweimal begegne. (Von Gerhard Kowalski, ddp)

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