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Panorama: Überschwemmungen in Polen: Schutzlos

Über Bretter und Geröll balancieren die Frauen. Sie wollen den Fluss Jachowka überqueren, um nach Hause zu gelangen.

Über Bretter und Geröll balancieren die Frauen. Sie wollen den Fluss Jachowka überqueren, um nach Hause zu gelangen. Doch die Fluten haben die Brücke des Ortes Budzow zum Einsturz gebracht. Die Grundpfeiler sind unterspült, das Erdreich gibt nach, es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch der Rest der Brücke endgültig fortgespült wird. Fast scheinen sich die Bewohner mit den Zerstörungen abgefunden zu haben, die das Hochwasser anrichtet. Straßen sind überflutet, Grundstücke stehen unter Wasser, allerorten wird das Erdreich weggeschwemmt. Unter dem Verlust der Ackerkrume leiden vor allem die Bauern. Kaum abzuschätzen ist das Ausmaß der Katastrophe, ganz Südpolen leidet unter den Fluten, die bislang 13 Todesopfer forderten.

Mehr als 10 000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Nach tagelangem Kampf von Katastrophenschutz und Armee gegen die Naturgewalten hat sich die Lage am Sonnabend entspannt. Nur wenige Orte waren noch von der nach Norden wandernden Flutwelle der Weichsel und ihrer Nebenflüsse direkt bedroht. Auch die nachlassenden Regenfälle trugen zur Beruhigung der Situation bei. Im Südosten Polens besteht nach Angaben des Einsatzleiters der Region Malopolska die Gefahr von Deichbrüchen, da die Uferwälle in einem sehr schlechten Zustand seien. Tausende von Häusern stehen unter Wasser. Schulen wurden zu Behelfsunterkünften ausgebaut. Es werden weiterhin kleine Gebiete evakuiert. In einigen Orten weigerten sich die verzweifelten Einwohner allerdings, ihre Häuser zu verlassen.

Schwierig blieb die Lage am Sonnabend vor allem noch in der Nähe von Szczucin an der Weichsel, wo die Dämme an einigen Stellen undicht waren und Felder überflutet wurden. In Ganz Südpolen sind die Rettungsdienste weiter pausenlos im Einsatz. Uferbefestigungen werden mit Sandsäcken verstärkt. Aus den Kellern der Häuser wird Wasser gepumpt. Bagger räumen Trümmer und Schlamm von den Straßen. Für viele der Anwohner ist der Anblick ein Schock. "So etwas habe ich noch nie gesehen", sagte ein Mann. "Wie sollen wir das alles je wieder aufbauen?"

Aber in den Beskiden und Vorkarpaten regnete es am Sonnabend nicht mehr und die Gebirgsbäche, die zu reißenden Strömen geworden waren, führen der Weichsel und dem Dunajec, dem rechten Nebenfluss der Weichsel, keine neuen starken Wasserfluten zu. Die Evakuierungen im Lubliner Raum bleiben bestehen. Dort wurde Hochwasseralarm ausgerufen. Dörfer stehen unter Wasser, hunderte Kilometer entfernt von den Gebirgen, von denen die Wasserfluten herkommen. Keine Beruhigung gibt es für die Weichselanlieger in den Woiwodschaften Kleinpolen und Heiligkreuz. Die Zubringerflüsse für die Weichsel brachten für das Gebiet Heiligkreuz die größten Schäden. Das Kraftwerk Polaniec, das unweit der Stadt Mielec an der Weichsel liegt, konnte gerade noch vor den Wassermassen geschützt werden. Hier kam in der Nacht zum Sonnabend die Flutwelle vorbei. 20 Zentimeter mehr und das Kraftwerk hätte große Schäden davongetragen. Die Flutwelle hat auch die Krakauer Altstadt verschont. Dagegen wird für den Südwesten, die Stadt Breslau und für den weiteren Verlauf der Oder keine Entwarnung gegeben. Hier wird die Flutwelle am Montag erwartet.

Michael Schmelz

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