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Delfinjagd

© dpa

Umwelt: Japan schlachtet Tausende Delfine

Tierschützer schlagen Alarm: Alljährlich fallen in japanischen Gewässern Zehntausende von Delfinen einer brutalen Treibjagd zum Opfer. Die Öffentlichkeit bleibt ahnungslos.

Die malerische Bucht liegt friedlich zwischen hohen Felsen eines Nationalparks. Vor der Küste schwappen sanfte Meereswogen. Was Besucher der kleinen Walfangstadt Taiji nicht sehen können, ist das Gemetzel, das sich in einer versteckt hinter Felsen gelegenen Lagune nahe der Ortseinfahrt alljährlich zwischen Oktober und April abspielt: Zwischen 16. 000 und mehr als 20. 000 Delfine fallen in Taiji, rund 700 Kilometer südlich von Tokio, sowie wenigen anderen Orten Japans einer brutalen Treibjagd zum Opfer - mit Billigung der Regierung und unbemerkt vom Großteil der Bevölkerung. Ein Teil des Fleisches der mit Lanzen, Haken und Messern abgestochenen Kleinwale gelangt in den Handel. Tierschützer schlagen jetzt Alarm: "Das Delfinfleisch ist hochgradig quecksilberverseucht", warnte der Delfinschützer Richard O'Barry am Montag in Tokio. Es sei ein "Skandal", dass die japanische Regierung der Bevölkerung das Gemetzel und die extreme Vergiftung verheimliche.

Der Amerikaner war in den 60er Jahren Trainer der Delfine für die TV-Serie "Flipper", seit 1970 kämpft er weltweit aktiv für den Schutz der Meeressäuger. Durch Hämmern auf Metallstangen im Meer legen die Fischer den Orientierungssinn der Delfine lahm und treiben sie so in eine Lagune, die mit Netzen abgesperrt wird. "Dabei kommt es vor, dass Babys von ihren Müttern getrennt werden und schwangere Delfine aus panischer Angst in der Lagune kalben", weiß Richard O'Barry, der regelmäßig nach Taiji reist. In welcher Todesangst die Tiere sind, kann jeder Spaziergänger von der Ortsstraße aus selber sehen. "Die Grausamkeit findet bereits lange vor dem Töten statt", sagt O'Barry. Unter Mithilfe von Delfintrainern werden in der Lagune einzelne besonders schöne Delfine im Auftrag von Aquarien und Delfinarien aus aller Welt ausgesucht und für viel Geld verkauft. Der Rest wird in einer abgeschirmten Nachbarbucht abgestochen - das Töten soll niemand sehen. Die boomende Delfinariums-Industrie biete erst den finanziellen Anreiz, um die Treibjagd in Taiji in Gang zu halten, sagte O'Barry der Deutschen Presse-Agentur in Tokio.

Lieferungen auch nach Deutschland

Für bis zu 200. 000 Dollar (150. 000 Euro) werden die Delfine nach Angaben von O'Barry gehandelt. Er habe gehört, dass die nächste Lieferung an Delfinen nach Deutschland gehen soll. O'Barry forderte den Weltverband der Zoos und Aquarien (Waza) mit Sitz im schweizerischen Bern auf, die Mitgliedsorganisationen zu beaufsichtigen und daran zu hindern, sich an dem Handel mit den bei der grausamen Treibjagd in Taiji gefangenen Tiere zu beteiligen. Ohne die Nachfrage käme die Jagd zum Erliegen.

Umweltschützer werfen den Japanern vor, die übrigen Delfine und Kleinwale zu töten, weil sie viel Fisch fressen. Ein Teil soll zu Haustierfutter und Dünger verarbeitet werden. Die Regierung verweist auf Japans Walfangtradition und Esskultur. Umweltschützer halten dagegen, dass nur etwa ein Prozent der Japaner Walfleisch esse und davon wiederum nur eine sehr kleine Minderheit Delfinfleisch. "Die meisten Japaner haben noch nie davon gehört", so O'Barry. Es seien nur wenige, die am Delfingeschäft beteiligt seien. Japaner pauschal zu verurteilen, sei ungerecht. Die breite Bevölkerung sei unschuldig.

Öffentlichkeit wird nicht informiert

Japans Medien würden das jährliche Abschlachten der Tiere totschweigen, beklagt O'Barry. Dabei hätten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass der Quecksilber-Gehalt in dem Delfinfleisch deutlich höher sei als in dem Fisch in der japanischen Stadt Minamata, wo Ende der 50er Jahre in Folge quecksilberhaltiger Abwässer eines Chemiewerks tausende Menschen getötet wurden. Wie damals versuche die japanische Regierung auch jetzt wieder, das Ganze zu verschweigen.

Nachdem ein mutiger Abgeordneter des Lokalparlaments in Taiji die Quecksilbervergiftung bekanntgemacht habe, sei Delfinfleisch aus den Schulküchen verschwunden. Es werde jetzt aber in andere Landesteile verkauft, behauptet O'Barry. Als Mitglied des Earth Island Institute, Teil einer Koalition aus Tierschutz-Gruppen namens Save Japan Dolphins (www.savejapandolphins.org), kämpft er seit langem gegen den aus seiner Sicht "geheimen Genozid" an den Delfinen in Taiji. Doch O'Barry ist zuversichtlich, die Delfinschlachtung bald beenden zu können. Anlass ist ein Film, den Umweltschützer mit enormem Aufwand heimlich in den Lagunen von Taiji gedreht haben. Er solle im Januar 2009 beim Sundance Filmfestival gezeigt werden und dann in die Kinos kommen, kündigte O'Barry an. Er verspricht sich von dem erschütternden Film, der detailliert das Abschlachten der Meeressäuger zeigt, eine ähnliche Aufmerksamkeit wie Al Gores Film "Eine unbequeme Wahrheit" für den Klimaschutz hatte. 

Lars Nicolaysen (dpa)

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