zum Hauptinhalt
Heikle Kletterpartie. Stürze sind gerade für die Kleinen gefährlich. Sie landen nämlich häufig auf dem Kopf

© dpa/gms

Unfälle von Kindern: Der gefährlichste Ort

1,7 Millionen Unfälle erleiden Kinder jedes Jahr – die meisten zu Hause. Eltern unterschätzen die Gefahr und überschätzen ihren Nachwuchs.

Berlin - Der gefährlichste Ort für Kinder ist ihr Zuhause. Nirgendwo sonst passieren so viele Unfälle wie in der heimischen Küche, im Kinderzimmer oder im Garten. Das hat eine repräsentative Umfrage der GfK im Auftrag der Versicherungswirtschaft ergeben, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. 1,7 Millionen Stürze, Verbrennungen oder Quetschungen behandeln Ärzte und Krankenhäuser jedes Jahr bei Kindern unter 15. Viele Unfälle wären vermeidbar gewesen. Denn: Die meisten Eltern schätzen die Gefahren völlig falsch ein.

60 Prozent glauben, dass vor allem der Straßenverkehr für ihre Kinder gefährlich ist. Ein Irrtum: Tatsächlich machen Verkehrsunfälle inzwischen nur noch 14 Prozent aus – Fahrradhelme, Reflektoren, Kindersitze im Auto zeigen Wirkung. Viel häufiger sind dagegen Stürze vom Hochbett, von der Treppe oder aus dem Fenster. Gerade für kleine Kinder kann das gefährlich werden: „Die Kinder landen meistens auf dem Kopf“, warnt Stefanie Märzheuser, Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“. Das liegt daran, dass der Kopf im Vergleich zum Körper überproportional groß ist. Märzheuser arbeitet als Kinderchirurgin an der Berliner Charité und weiß, wie schnell sich Nachlässigkeiten der Eltern rächen. Ein Sturz aus dem ungesicherten Fenster kann schwerwiegende Mehrfachverletzungen nach sich ziehen. Eine heiße Tasse Kaffee reicht, um 20 Prozent des Körpers eines kleinen Kindes zu verbrennen. „Das heißt Intensivstation“, mahnt die Ärztin, „und OPs.“ Dabei wäre mit einfachen Maßnahmen viel geholfen – ein 30 Zentimeter hoher Rahmen neben der Hochbettmatraze etwa, ein Sicherheitsgitter um den Herd oder Fenstersicherungen.

Doch das allein reicht noch nicht. Denn nicht nur die Geräte im Haushalt können zur Gefahr werden, auch die Eltern selbst. „Viele überschätzen ihre Kinder“, weiß Markus Schmidt von der GfK. So glauben Väter und Mütter, ihre Kinder könnten schwimmen, bloß weil sie das Seepferdchen geschafft haben. Aber: Kinder sind erst dann sicher im Wasser, wenn sie mindestens acht Bahnen à 25 Meter schaffen, erläutert die DLRG. Doch eine solche Strecke schafft selbst von den größeren Kindern nur ein Drittel.

Erst ab zehn Jahren, sagt Chirurgin Märzheuser, sei bei Kindern die Wahrnehmung so weit entwickelt wie bei Erwachsenen. Dennoch brauchen sie auch dann noch Schutz: „Die Risikokompetenz ist noch nicht da.“ Heike Jahberg

Zur Startseite