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Unfall: Kleinkind stirbt an Drogenersatzmitteln

Ein drei Jahre alter Junge ist am vergangenen Donnerstag in Lahr (Ortenaukreis) durch die Einnahme von Drogenersatzmitteln ums Leben gekommen. Nach ersten Erkenntnissen hatte er unbemerkt eine Tagesration des Mittels, das seine Eltern einnahmen, geschluckt.

Die Eltern des Jungen nehmen an einem Drogensubstitutionsprogramm teil und hatten ihre Wochenration der Ersatzstoffe Methadon und Polamidon im Kühlschrank gelagert. Am Donnerstagvormittag merkte die Mutter, dass ihr Junge leblos am Boden lag und seine Lippen blau angelaufen waren. Rettungsversuche der Eltern blieben erfolglos. Im Krankenhaus konnte nur noch der Tod des Dreijährigen festgestellt werden. Nach bisherigen Erkenntnissen war der Junge an eine Tagesration Polamidon gekommen und hatte diese heimlich ausgetrunken. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft Offenburg, inwieweit die Eltern schuld sind am Tod des Kindes. Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung wurden eingeleitet.

Laut Apothekerverband Baden-Württemberg ist es eher selten, dass Drogenersatzmittel vom Arzt mit nach Hause gegeben werden. Dazu seien bestimmte Nachweise erforderlich, sagte Carmen Gonzales vom Verband, unter anderem auch eine andauernde, erfolgreiche Therapie.

Üblicherweise würden ehemalige Drogenabhängige aber in speziellen Praxen behandelt. "Sollten die Mittel allerdings mit nach Hause gegeben werden, dann gehen sie nur in speziell kindergeschützten Behältnissen raus", sagte Gonzales. Ob diese Behältnisse aber auch von den Patienten richtig aufbewahrt würden, sei eine andere Sache, fügte sie hinzu. So könnten etwa die einzeln verpackten Rationen nicht aufgebraucht oder nicht richtig verschlossen worden sein.

"Häuslicher Unfall"

Gisela Dahl, Vorstand der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), warnte vor einer Vorverurteilung der Eltern. "Man sollte das als häuslichen Unfall sehen. Dreijährige sind oft auch nicht berechenbar und sehr neugierig", sagte sie. Wären die Eltern schlampig gewesen, hätten sie nie die "Take home"-Behandlung bekommen.

Georg Ehrmann, Vorsitzender der Deutschen Kinderhilfe, sieht den Fall weniger als einfachen Unfall. Es müsse geklärt werden, inwiefern die Familie durch das Jugendamt kontrolliert wurde. "Sicherlich dürfen auch ehemalige Drogenabhängige Kinder groß ziehen. Aber dann bitte mit einer engmaschigen Betreuung", sagte er. Laut Polizei ist das Jugendamt inzwischen von dem Vorfall verständigt. Inwiefern bereits eine Betreuung stattfand, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft war am Montag hierzu nicht für Auskünfte zu erreichen.

Eine Obduktion ergab, dass ein Drogenersatzstoff für den Tod des Kindes ursächlich sein dürfte. Letzte Klarheit sollen aber weitere toxikologische Untersuchungen erbringen, deren Ergebnisse in den nächsten Tagen zu erwarten sind. Derzeit werde vor allem ermittelt, wie der Junge an das Fläschchen gelangen konnte, hieß es von Seiten der Polizei.

Julia Spurzem[ddp]

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