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Wassermassen bahnen sich ihren Weg durch das Stadtzentrum von Simbach am Inn (Bayern).

© Manfred Fesl/dpa

Update

Unwetter in Deutschland: Vier Tote in Niederbayern, Überschwemmungen in Düsseldorf

Der Landkreis Rottal-Inn und Passau haben den Katastrophenfall ausgerufen. In Simbach am Inn und Julbach wurden vier Leichen geborgen. Ein Mensch wird noch vermisst.

Die Überschwemmungen in Niederbayern haben mindestens vier Menschen das Leben gekostet. Taucher hätten am Mittwoch in Simbach am Inn zuerst drei Leichen geborgen, teilte der Landrat von Rottal-Inn, Michael Fahmüller (CSU), am Mittwochabend mit. Nach Angaben des Landratsamtes wurden die Todesopfer alle in einem Haus entdeckt. Eine vierte Leiche wurde kurz darauf in Julbach gefunden. Die Leiche einer Frau wurde an einem Bach entdeckt, wie die Polizei berichtete.

Nähere Angaben etwa zum Alter und zum Geschlecht der Toten in Simbach konnten die Behörden zunächst nicht machen. Fahmüller zeigte sich tief betroffen. Er sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus. Unklar blieb zunächst, ob es noch weitere Vermisste in dem Landkreis gibt. Der Landrat hatte am Mittwoch Katastrophenalarm ausgelöst, nachdem in mehreren Gemeinden anhaltendem Regen schwere Überschwemmungen ausgelöst hatte.

Am Donnerstagmorgen wurde noch eine weitere Person vermisst. Berichte, wonach sie in der Gemeinde Zeilarn bereits tot geborgen worden sei, bestätigte die Polizei zunächst nicht. Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks waren die Nacht hindurch mit der Rettung von Personen beschäftigt. In einigen Gemeinden des Landkreises beginnt am Donnerstagmorgen der Kampf gegen die Wassermassen, indem die Häuser und Straßen leergepumpt werden sollen.

In der Nacht hatte es nicht mehr geregnet, der Pegelhöchststand von 3,61 Meter sank leicht ab. Für Donnerstag erwartete der Deutsche Wetterdienst jedoch erneut unwetterartige Mengen an Niederschlag, besonders im Landkreis Passau.

Auch die Feuerwehr in Düsseldorf kämpfte gegen die Folgen eines heftigen Unwetters. Bis in die Nacht zum Donnerstag habe es rund 420 Einsätze gegeben, teilte die Feuerwehr mit. Etwa 240 Mann rückten in der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens aus, um unter Wasser stehende Keller und geflutete Tunnel leer zu pumpen. Sorgen bereitete den Rettern das Flüsschen Anger, in dem das Wasser stetig stieg. Für den Notfall lagen 2000 Sandsäcke bereit.

Nach anhaltendem Regen wurde auch im Kreis Wesel in Nordrhein-Westfalen der Katastrophenfall ausgerufen. Die Issel erreichte in der Nacht zum Donnerstag in Hamminkeln einen Pegelstand von zwei Metern, das sei 1,5 Meter höher als normal, sagte ein Sprecher des Krisenstabs. Bei einem Bruch des Dammes sei ein Gewerbegebiet betroffen. Derzeit versuchen Helfer, mit Sandsäcken den Damm zu stabilisieren. Die starken Regenfälle hatten bereits in den vergangenen Tagen zum starken Anstieg des Flusses und zu zahlreichen Überschwemmungen geführt. Polizei und Feuerwehr rückten zu etwa 400 bis 500 Einsätzen am Tag aus.

16 Kinder mussten in Schule übernachten

Viele vom Hochwasser eingeschlossene Schüler im niederbayerischen Triftern konnten ihre Schulen noch am Mittwoch nach Stunden des Wartens verlassen. Dies teilten die örtliche Wasserwacht und die Polizei am Abend mit. Rund 250 Kinder hatten den Tag über in der Turnhalle ausharren müssen, weil die Zufahrtswege überspült waren. In Simbach war ein Schulzentrum abgeschnitten, etwa 350 Schüler saßen dort fest.

Noch am Nachmittag hatte der Bürgermeister von Triftern, Walter Czech (CSU), gesagt: „Etwa 250 Schulkinder sind noch in ihren Klassen. Zum Glück liegt das Gebäude aber auf einem Berg. Vielleicht müssen die Kinder aber die Nacht in der Turnhalle verbringen, weil die Zufahrtswege nicht passierbar sind.“ Das war nun nicht mehr nötig. Am Abend entspannte sich die Situation, die Wassermassen flossen ab. Am Ende mussten 16 Schüler in der Mittelschule übernachten, betreut von Erwachsenen. „Die Betreuer sorgen für Verpflegung und Schlafgelegenheiten für die Kinder.“

Besonders betroffen ist Triftern bei Pfarrkirchen. „Die Situation hat sich in den letzten Stunden dramatisch zugespitzt. Der ganze Ortskern wurde von dem Altbach überspült“, sagte Czech am Mittwochnachmittag. Auch in den Orten Simbach und Tann haben die Unwetter schwere Schäden angerichtet.

Rettungshubschrauber seien im Einsatz, um von den Wassermassen eingeschlossene Menschen zu retten. Zufahrtsstraßen und Brücken sind überschwemmt. „Es herrscht Land unter. Die Wassermassen kamen sehr schnell“, sagte Emil Bumberger von der Polizei in Pfarrkirchen.

9000 Haushalte ohne Strom

Das Hochwasser hat 9000 Haushalte vom Strom abgeschnitten. Die Fluten verhinderten vielerorts den Zugang zu Trafostationen oder Umspannwerken, teilte der Energienetzbetreiber Bayernwerk am Mittwochabend mit. Tausende Haushalte sollten auch über Nacht ohne Stromversorgung sein.

Mitarbeiter seien unterwegs, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Da es keinen detaillierten Überblick über die Hochwassersituation gebe, müsse der Strom vielfach abgeschaltet bleiben. Sicherheit habe absoluten Vorrang. „Wir schalten nur dann, wenn wir einen klaren Überblick über die lokale Lage haben“, erklärte Jürgen Graml, der beim Bayernwerk den Netzbetrieb Niederbayern verantwortet.

Das Ziel laute zunächst, die Versorgung in der Region auf dem derzeitigen Niveau zu halten. Für die Nacht habe Bayernwerk die Bereitschaftsdienste deutlich verstärkt, um für eine mögliche Verschlechterung der Situation gerüstet zu sein. Stromausfälle habe es in Triftern, Tann, Hunddorf, Hundsberg, Taubenbach, Tannenbach, Postmünster, Julbach, Zeilarn, Kirchdorf am Inn, Marktl, Ering, Osterham, Martinskirchen, Bad Birnbach und Auerbach gegeben.

Auch Polizeidienststelle in Simbach betroffen

Das Hochwasser in Bayern hat auch die Polizei getroffen: Die Dienststelle in Simbach am Inn musste am Mittwochnachmittag evakuiert werden und war telefonisch nicht mehr erreichbar, wie das Polizeipräsidium in Straubing mitteilte. „Da steht das Wasser, da ist keiner mehr“, sagte ein Polizeisprecher. Die Kollegen seien nur noch per Handy erreichbar. Allerdings ist auch das Handynetz vor Ort derzeit überlastet. Nach Dauerregen hat der Landkreis Rottal-Inn wegen schwerer Überschwemmungen in mehreren Gemeinden Katastrophenalarm ausgelöst.

Schüler bei Bootstour von Unwetter überrascht

Eine Schülergruppe aus Augsburg wurde nach einer Bootsfahrt auf dem Schwarzen Regen in Bayern während des Unwetters von einer Insel mitten im Fluss gerettet. Trotz heftigen Regens und starker Strömung konnte die Wasserwacht die rund 20 Siebtklässler ans Ufer bringen, teilte das Polizeipräsidium Niederbayern am Mittwoch in Straubing mit.

Unter den Schülern war Panik ausgebrochen. Zwei Mädchen erlitten einen Schock und eine Unterkühlung. Die Realschüler wurden anschließend in einem nahegelegenen Gasthof untergebracht und betreut. Die Klasse war mit zwei Lehrern und einem Begleiter am Vormittag von einem Feriencamp aus mit zwölf Booten zu einem Ausflug aufgebrochen. Als das Unwetter aufzog, seien die Kähne ungeordnet auf dem Wasser getrieben und durch die starke Strömung auseinandergedriftet, berichtete die Polizei.

Ein kleiner Teil der Gruppe konnte ans Ufer gelangen, die anderen strandeten auf der Insel und alarmierten von dort den Notruf. Rettungshubschrauber, Bergwacht, Wasserwacht, Feuerwehren, Rettungsdienste und Polizei waren im Einsatz.

Passau ruft Katastrophenfall aus

Passau hat angesichts anhaltender Regenfälle den Katastrophenfall als Vorstufe zu einem möglichen Katastrophenalarm ausgerufen. Damit habe der Katastrophenschutz-Stab des Landkreises seine Arbeit aufgenommen, teilte das Landratsamt am Mittwoch mit. Dieser koordinierte den Einsatz von mehr als 40 Feuerwehren.

Die Bevölkerung sei aufgerufen, auf unnötige Autofahrten zu verzichten, nach Möglichkeit im Haus zu bleiben und Kellerräume zu meiden. „Die anhaltenden Regenfälle im südlichen Landkreis und die zu erwartenden Hochwasserstände an Rott und Wolfach geben keinen Anlass, von einer Entspannung der Situation auszugehen.“

Der Landrat habe die Entscheidung getroffen, nachdem sich Meldungen von Schäden gehäuft hatten. „Wir haben überflutete Straßen und überflutete Keller, großflächig und im großen Ausmaß“, sagte eine Mitarbeiterin des Landratsamts. Betroffen waren unter anderem Bad Griesbach, Kößlarn, Ruhstorf, Harbach, Kirchham und Neuburg am Inn. (dpa)

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