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Was würde Vater dazu sagen? Das Foto wurde der Ausstellung „Moooment – Loriot, der Brandenburger in Brandenburg“ im Bürgerhaus Altstadt in Brandenburg/Havel entnommen.

© dpa

Urheberrecht: Da hört der Spaß auf - Loriots Tochter klagt

Loriots Tochter klagt gegen eine Biografie über ihren Vater – es ist nicht der erste Streit, den sie anzettelt. Auch Wikipedia hat schon Bekanntschaft mit ihr gemacht.

Am Platz des Vorsitzenden Richters Jochen Meyer im Saal 119 am Landgericht Braunschweig liegt ein dickes Buch. Das Urheberrecht. Darauf liegt ein Loriot-Buch. Es ist sozusagen das Corpus Delicti an diesem Tag.

Die „Loriot Biographie“, herausgegeben vom Münchener Riva-Verlag, ist Gegenstand der Zivilklage von Susanne von Bülow, Tochter von Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot. Die Tochter will verhindern, dass das Buch weiter verkauft wird. Sie stört sich daran, dass ihr Vater darin zitiert wird. Unzulässig, wie ihre Anwältin Christine Danziger meint, weil die Erben der Verwendung der Zitate nicht zugestimmt haben. Die verwendeten Sätze seien urheberrechtlich geschützt und so, wie der Autor Dieter Lobenbrett sie verwendet, auch nicht vom Zitatrecht gedeckt, sagt ihre Anwältin vor Gericht. Sämtliche Zitate von Loriot seien urheberrechtsfähig wegen der individuellen Prägung und des hintergründigen Humors. Die Loriot-Worte dienten allein der „Ausschmückung“, meint Danziger.

Susanne von Bülow ist an diesem Tag nicht vor Gericht in Braunschweig erschienen. Vicco von Bülow war im August 2011 gestorben. Keine zwei Wochen später hat der Riva-Verlag, in dem auch die Biografie von Bettina Wulff erschienen ist, das Loriot-Buch auf den Markt gebracht. Der Anwalt des Verlags, Konstantin Wegner, sagt, die Quellen der Zitate seien ordentlich benannt. Und es könne doch nicht sein, dass man in Biografien niemanden mehr zitieren könne. Die gesamte Branche blicke nach Braunschweig und sei „ganz aufgeregt“, sagt Verleger Oliver Kuhn.

„Wir wollen das Zitieren nicht verbieten“, sagt Anwältin Danziger mehrfach. Der Verleger wirkt dennoch unglücklich. Zwischendurch tröstet ihn sogar der Vorsitzende Richter: „Wenn Sie den Eindruck haben, es sieht nicht so gut aus. Das wendet sich noch“, sagt Richter Jochen Meyer. Schließlich sei man erst bei Zitat Nummer 11. Kuhns Ansicht nach geht es Loriots Tochter um „wirtschaftliche Interessen“. „Frechheit“, entgegnet ihre Berliner Anwältin. „Es geht uns darum, wie mit einem Künstler und seinem Werk umgegangen wird“, sagt sie später.

Der Vorsitzende Richter entschuldigt sich fast bei den Zuhörern für die „etwas mühsame Detailarbeit“ an diesem Tag. 68 Zitate gehen sie durch. 68-mal Loriot zu hören, klingt nach einer amüsanten Veranstaltung. Die Kammer beschränkt sich jedoch nahezu darauf, nur die Nummer des Zitats zu nennen. Zitat Nummer 12 handelt von Loriots Onkel, der offenbar einen Hang zur Eitelkeit hatte. So schnell wie der Richter liest, ist nur „Holder Knabe, lockiges Haar“ zu verstehen. Klingt ganz klar nach Loriot, meint Anwältin Danziger. Ist es aber nicht, sagt der Vorsitzende Richter. Es sei lediglich eine Liedzeile.

Susanne von Bülow
Susanne von Bülow

© dapd

So geht es weiter. Stunde um Stunde. Nach Ansicht des Gerichts seien etwa die Hälfte der Zitate unzulässig, die andere Hälfte nicht. Die Anwältin telefoniert am späten Nachmittag mit ihrer Mandantin. Loriots Tochter bleibt dabei, sie will keines der Zitate im Buch. „Wir haben uns schon damit abgefunden, dass immer eine Seite mit uns nicht zufrieden ist“, hatte der Richter mit einem Lächeln schon zu Beginn gesagt. Die gütliche Einigung ist gescheitert. Am 16. Januar geht es weiter.

Es ist nicht der erste Streit, den Loriots Tochter angezettelt hat. Auch das gemeinnützige Internetlexikon Wikipedia, dem gewiss keine wirtschaftlichen Interessen nachgesagt werden können, musste sich mit ihr auseinandersetzen. Dabei hatte Wikipedia lediglich offizielle deutsche Briefmarken mit Loriot-Motiven zur Illustration des Eintrags über Loriot genutzt. Susanne von Bülow erwirkte eine einstweilige Verfügung. Die Begründung war spitzfindig. Weil die Post privatisiert worden ist, handele es sich nicht um ein „amtliches Werk“. Ihr Vorgehen löste unter Wikipedia-Nutzern ziemliche Verwunderung aus. Was wohl der Vater gesagt hätte? Es gäbe da ein Zitat, Nummer 19, es hier zu nennen, würde aber wahrscheinlich einen Prozess nach sich ziehen.

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