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Panorama: Urlauber drohen mit Gewalt

Interflug-Pleite lässt verzweifelte Touristen aus Deutschland in der Türkei sitzen

Die deutschen Urlauber wähnten sich auf dem Heimweg, als sie in einem Bus ihres Reiseveranstalters Interflug von ihrem Hotel im türkischen Alanya am vergangenen Samstag in die Provinzhauptstadt Antalya zurückfuhren. Nur wenige Kilometer waren es noch zum Flughafen – da bog der Bus plötzlich von der Hauptstraße ab und hielt in einer abgelegenen Gasse. Angst und Schrecken verbreiteten sich an Bord, glaubte man dort doch zunächst an einen Raubüberfall oder eine Entführung.

Ganz so schlimm kam es zwar nicht, aber aus der Heimreise wurde erst einmal nichts. Die Busfahrt endete vor einem Hotel in der Seitengasse von Antalya, wo die protestierenden Touristen kurzerhand ausgeladen wurden – und am Montag noch immer auf den Heimflug warteten. Erst am Abend verbreitete sich die Kunde, dass der Hamburger Reiseveranstalter Öger-Tours Ersatzflüge bereitgestellt hatte – für 200 Euro pro Person.

„Warnung vor Interflug“, „Skandalreiseanbieter Interflug“ oder „Finger weg von Interflug“ – solche Warnungen kursieren schon länger durch die Internet-Seiten, in denen sich Urlauber über ihre Erfahrungen mit Reiseanbietern austauschen. Bisher ging es bei den Beschwerden meist um miserable Organisation, bei der enttäuschte Urlauber wegen überbuchter Hotels tagelang durch drittklassige Absteigen weitergereicht wurden, oder um unseriöse Geschäftspraktiken – so etwa die Drohung, den Urlaubern ihren Rückflug zu verweigern, wenn sie vor Ort nicht teure Zusatzausflüge kauften. „Kriminell“, „korrupt“ und „mafia-ähnlich“ waren nur einige der Attribute, die geprellten Interflug-Urlaubern einfielen. Ob kriminell oder nicht, am Wochenende war es mit Geschäftspraktiken aller Art für Interflug erst mal vorbei. Wegen finanzieller Schwierigkeiten konnte der Veranstalter seine Kunden nicht mehr heimfliegen.

Einige Interflug-Touristen erfuhren erst am Flughafen von ihrem Ungemach und mussten dort campieren. Andere hatten zunächst mehr Glück, erfuhren rechtzeitig von der Interflug-Pleite und konnten deshalb vorläufig noch in ihren Hotelzimmern bleiben. Am Montag wendete sich aber auch für sie das Blatt, als die ersten Hotels nervös wurden und sie zur Abreise drängten. „Nur wie denn, wohin denn?“, erregte sich der Urlauber Otto Bernhard Boche aus Ulm, der sich mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern plötzlich hilflos in der Fremde ausgesetzt sah, als sein Hotel in Side bei Antalya ihn am Montag zum Check-Out bat.

Von Interflug habe man noch niemanden zu sehen bekommen, beschwerte sich Boche. Die rund 50 gestrandeten Interflug-Gäste im Hotel wollten ihre Zimmer notfalls mit Gewalt verteidigen, bis sie einen Interflug-Vertreter zu Gesicht oder zumindest schriftliche Informationen über ihr weiteres Schicksal bekämen. So wie in Side scharten sich in vielen Hotel- Lobbys in Antalya die Interflug-Reisenden zusammen, um in der ungewissen Lage wenigstens nicht alleine zu sein.

Viele Kinder waren darunter, die eigentlich schon wieder in der Schule sein sollten. Manche Reisende sorgten sich, wie ihre Arbeitgeber auf ihr unangemeldetes Fehlen reagieren würden.

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