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Urteil: Muslimisches Mädchen muss zum Schwimmen

Während des Aufnahmegesprächs hat die Schulleiterin eine Mutter unterschreiben lassen, dass die Tochter zum Schwimmunterricht gehen darf. Laut einem Gerichtsurteil müssen sich die Eltern nun daran halten.

Wird um die Integration von ausländischen Kindern an deutschen Schulen gestritten, geht es zuerst (und zu Recht) um die Sprache. Danach aber, und das schon fast reflexhaft, auch immer um den Schwimmunterricht für Mädchen. Dabei werden nur sieben Prozent der muslimischen Schülerinnen aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht, an dem Mädchen und Jungen teilnehmen, befreit. Für die meisten Schulen und für die meisten Muslime ist es also kein Problem.

Aber für manche Schulen, in die überwiegend muslimische Schüler gehen, kann der Schwimmunterricht oder die Klassenreise gefährdet sein, wenn mehrere Schülerinnen nicht mitmachen dürfen.

Das muss aber seit gestern nicht mehr so sein, wenn die Schulen rechtzeitig vorsorgen. Am Dienstag hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für Nordrhein-Westfalen entschieden, dass ein Gymnasium bei der Aufnahme von neuen Schülern von den Eltern die Zustimmung zum Schwimmunterricht verlangen kann.

Der konkrete Fall war folgender: Die Mutter einer Elfjährigen hatte 2008 während des Aufnahmegesprächs an einem Düsseldorfer Gymnasium unterschrieben, dass sie damit einverstanden sei, dass ihre Tochter am Schwimmunterricht mit Jungen und auch an mehrtägigen Klassenfahrten teilnimmt. Die Schulleiterin hatte dabei auch auf die speziell für muslimische Frauen entwickelte Schwimmbekleidung hingewiesen. Ein knappes Jahr später wollten die Eltern dann doch durchsetzen, dass das Mädchen vom Schwimmunterricht befreit würde. Die Schulleiterin wies den Antrag der Eltern ab und das OVG gab ihr Recht.

Begründet wird das Urteil unter anderem mit dem Schulprogramm. Wenn also koedukativer Schwimmunterricht, eine Klassenreise und der Sexualunterricht zum Programm gehören, sollten diese Angebote auch für alle Schülerinnen und Schüler verbindlich sein. Das Gericht meinte sogar, dass die Schulleitung auch außerhalb des Schulprogramms mit den Eltern verbindliche Erziehungsziele und -grundsätze vereinbaren könne.

In den Bundesländern wird das Problem sehr unterschiedlich behandelt. In vielen Ländern kann man einen Antrag aus religiösen Gründen stellen. Ob er Erfolg hat, liegt daran, ob die Familie auch sonst sich streng an die Bekleidungsvorschriften hält und im Ermessungsspielraum des Schulleiters. In Berlin gibt es keine Ausnahmeregelungen.

Es betrifft nicht viele Familien, die dadurch in einen Konflikt mit ihrem Glauben geraten. Und man kann ihnen diesen Konflikt zumuten, zumal es Badekleidung für Musliminnen gibt. Denn es geht nicht nur ums Schwimmen lernen, sondern zum Beispiel auch darum, dass die Kinder im Klassenverband dabei sind und damit in unserer Gesellschaft.

ZEIT ONLINE, dpa, ps

Parvin Sadigh

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