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Gilt als extrem gefährlich. Thomas Drach am Donnerstag im Gerichtssaal. Foto: dpa

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Update

Urteil: Reemtsma-Entführer Drach erneut zu Freiheitsstrafe verurteilt

Thomas Drach ist wegen versuchter Anstiftung zur räuberischer Erpressung seines Bruders erneut zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Er soll versucht haben, ihn zur Herausgabe des Lösegelds aus der Reetsma-Entführung zu zwingen.

Regungslos hat der schwerstkriminelle Thomas Drach am Dienstag vor dem Hamburger Landgericht das Urteil aufgenommen. Hatte der 2001 verurteilte Reemtsma-Entführer jüngst in dem neuerlichen Verfahren gegen ihn immer wieder Einblicke in seine von Wut geprägte Gefühlswelt gewährt, blieb er dieses Mal scheinbar emotionslos. Wegen versuchter Anstiftung zur räuberischen Erpressung verurteilte ihn die Kammer zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

Damit kommt Drach nicht wie erhofft am 21. Juli 2012 auf freien Fuß, sondern frühestens im Oktober 2013 - sollte es bei dem verkündeten Richterspruch bleiben. Und seine Biografie ist um eine Straftat reicher. Am 11. Juni 1960 in Köln geboren, verläuft seine Kindheit nach Aussage seiner Mutter „eigentlich sehr gut“. „Rennfahrer wollte er werden“, sagte die 75-Jährige vor Gericht aus. Doch irgendwann rutscht Thomas Drach ab, klaut Autos und begeht schwere Straftaten bis hin zur Entführung des Multimillionärs Jan Philipp Reemtsma am 25. März 1996. Nach Jahren der Flucht wird Drach 1998 in Argentinien festgenommen und 2001 in Hamburg als Kopf der Tat wegen erpresserischen Menschenraubes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der jüngste Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen den heute 51 Jahre alten Drach war da fast überschaubar: In zwei Briefen aus dem Gefängnis heraus soll er 2009 versucht haben, einen Freund zur räuberischen Erpressung seines eigenen Bruders anzustiften. Dieser Bekannte sollte binnen sechs Monaten von Lutz Drach die fiktive Summe von 30 Millionen Euro erpressen. Zu der Tat kam es nicht, weil Justizbeamte entsprechende Briefe abfingen.

Thomas Drach wusste von der Briefkontrolle. Und doch schrieb er die zwei Briefe an seinen Freund und seine Mutter Helga Drach noch einmal, mit nahezu identischem Inhalt. Für die Vorsitzende Richterin Ulrike Taeubner ging es somit um vier belastende Briefe. Das zeige, dass es sich hier nicht um ein spontanes Dampfablassen handelte.

Darauf hatte die Verteidigung des Angeklagten ihre Strategie während des Verfahrens ausgerichtet - auf impulsive Ausbrüche des Thomas Drach, hervorgerufen durch die seit zehn Jahren andauernde Isolationshaft, begründet in der Wut auf den eigenen Bruder.

"Von Ihnen sind auch in Zukunft kriminelle Taten zu erwarten"

Dabei ließ Thomas Drach während des Verfahrens nie einen Zweifel daran, wie zerrüttet das Verhältnis zu seinem Bruder ist. Auch bestritt er nicht, die Briefe geschrieben zu haben. Einzig den Tatvorwurf wies er stets von sich, all dass sei nie ernst gemeint gewesen.

Lutz Drach war 2006 wegen Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Reemtsma-Lösegeld verurteilt worden. Seit Mai 2009 ist er auf freiem Fuß. Diese Entlassung habe Thomas Drach Sorge bereitet, sagte Taeubner - die Sorge, dass der Bruder ihn um den aus Thomas Drachs Sicht verdienten Lohn aus der Entführung bringe. Auch ließ es sich die Vorsitzende Richterin nicht nehmen, eines deutlich zu machen: „Von Ihnen sind auch in Zukunft kriminelle Taten zu erwarten“, sagte sie an Drach gerichtet, der seit 1978 vielfach Straftaten begangen hat. Die Kammer blieb mit ihrem Spruch dennoch deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von zwei Jahren und sechs Monaten.

Auch ist die Staatsanwaltschaft mit ihrem Ziel, die Anordnung einer Sicherungsverwahrung zu prüfen, gescheitert. Dafür wäre eine neuerliche Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren erforderlich gewesen. Schon aus diesem Grund prüft die Staatsanwaltschaft, Revision einzulegen, wie ihr Sprecher Wilhelm Möllers ankündigte.

Und auch die leise Hoffnung der Ermittler, doch noch einen Hinweis auf das Lösegeld aus der Reemtsma-Entführung aus Drach herauszubekommen, ist vorerst fehlgeschlagen. Der größte Teil der Summe - 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken - bleibt verschwunden. Er habe 15 Jahre nichts gesagt, und werde das auch weiter nicht tun, sagte Drach in dem Verfahren. Wird das Urteil vom Dienstag rechtskräftig, wird er noch länger auf den von ihm erhofften „Lohn“ warten müssen. (dapd)

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