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© dpa

USA: Barack Obama - Urlaub als Statement

Barack Obama hat Urlaub: Doch wenn US-Präsidenten in die Sommerferien fahren, bedeutet das keine Total-Auszeit von der Politik.

An diesem Sonntag gehen die Obamas in die Sommerferien – für eine Woche auf die Insel Martha’s Vineyard vor der Atlantikküste von Massachusetts. Wenn US-Präsidenten Urlaub machen, ist das nicht unbeschwerte Freizeit. Sie müssen krisenbereit bleiben. Der engste Beraterstab und die Bodyguards reisen mit. Vor allem aber werden die Wahl des Urlaubsorts und die Feriendauer von den Medien unter die Lupe genommen. Sie sagen etwas darüber aus, was für ein Mensch der Präsident ist. Auch das Ausspannen mit der Familie ist politisches Programm.

Die logistischen Anforderungen sind beträchtlich. Das Domizil muss Platz bieten für die Personenschützer des Secret Service und Berater. Als Pressezentrum kann meist eine Schule in der Nähe herhalten, es ist ja unterrichtsfreie Zeit.

Republikaner haben es einfacher. Sie stammen zumeist aus Vermögensverhältnissen, die ihnen einen standesgemäßen und repräsentativen Urlaubssitz erlauben. George W. Bush verlegte das Weiße Haus für mehrere Wochen auf seine Ranch in Texas und ging schweißtreibenden Männerbeschäftigungen nach: Mountainbiking bei Temperaturen über 30 Grad Celsius und „cleaning the brushes“: mit Axt und Säge wurde das Unterholz ausgedünnt und ging es dem Wildwuchs auf dem Busch- und Weideland an den Kragen. Vater George W. H. Bush verbrachte die Ferien auf dem Familiensitz in Kennebunkport: einem großzügigen Ufergrundstück auf grauem Felsgelände an der Atlantikküste in Maine mit eigenem Bootssteg. Er machte weniger Urlaub als sein Sohn. Ronald Reagan verbrachte gerne einen ganzen Sommermonat auf seinem „Rancho del Cielo“ nahe Santa Barbara in Kalifornien. Dort ritt er aus, freilich nun nicht mehr als Filmcowboy in die untergehende Sonne hinein.

Demokratische Präsidenten der jüngeren Zeit sind heimatloser. Doch Martha’s Vineyard hat für sie Tradition. Bill Clinton lieh sich zumeist die Residenz eines wohlhabenden Wahlspenders der Demokraten auf der Insel. Von Rückzug ins Private konnte bei ihm jedoch selten die Rede sein. Der ruhelose Clinton zog abends los zu „Fundraisern“, dem Spendensammeln für Parteifreunde, oder spielte Saxofon in einem der örtlichen Lokale. Nur 1996, dem Jahr seiner Wiederwahl, machte er eine Ausnahme. Sein Umfragen-Guru Dick Morris meinte, es werde ihm schaden, wenn das Fernsehen ihn den Sommer über häufig mit Prominenten in der Schickimickiumgebung zeige. Ähnlich wie Sylt wird Martha’s Vineyard mitunter als Insel für Millionäre dargestellt. 1996 entschieden sich die Clintons für einen Natur- und Wanderurlaub in Wyoming. Nach der Wiederwahl ging es 1997 wieder an die Atlantikküste.

Jimmy Carter, sein letzter demokratischer Vorgänger im Weißen Haus, war Eigentümer einer Erdnussfarm in Georgia. Die bot aber wenig Urlaubsflair. Er nutzte Camp David, den Freizeitsitz des jeweiligen Präsidenten in Maryland nahe der Hauptstadt, als Ferienort. Man muss fast 50 Jahre zurückgehen, um einen demokratischen Präsidenten aus steinreicher Familie zu finden. Die Kennedys besaßen und besitzen mehrere repräsentative Anwesen, auch auf Martha’s Vineyard.

Obama nutzt seinen ersten Sommerurlaub als Präsident, um eigene Zeichen zu setzen. Die Wahl von Martha’s Vineyard stellt sein Sprecher als Zeichen von Kontinuität dar. Michelle und Barack hätten dort bereits Sommerferien verbracht, als er noch ein unbekannter Regionalpolitiker in Illinois war. Natürlich darf der Hinweis auf Oak Bluffs nicht fehlen, eine Gemeinde im Nordostzipfel der Insel, die als afroamerikanische Ecke gilt. Dort war Obama zwei Mal im Wahlkampf aufgetreten; und dort haben prominente Schwarze Ferienhäuser wie Valerie Jarrett, eine der engsten Beraterinnen Obamas, und Harvard-Professor Henry Gates, der jüngst wegen seiner Festnahme durch einen weißen Polizisten in die Schlagzeilen kam.

Für die eine Woche Ferien haben sich die Obamas freilich im Westen der Insel eingemietet: auf der Blue-Heron- Farm. Das elf Hektar große Wassergrundstück gehört William Van Devender, einem Holzhändler aus Mississippi, der gewöhnlich die Republikaner wählt. Einmal mehr beweist Obama seinen parteiübergreifenden Ansatz. Van Devender hat das Anwesen 2005 für 20 Millionen Dollar gekauft. Obama legt auch Wert darauf, dass er den Teil der Miete, der für seine Familie anfalle, selbst bezahle. Immobilienmakler auf der Insel schätzen die Kosten auf 25 000 Dollar pro Woche. In der Vergangenheit wurden die Kosten präsidialer Urlaube zwischen dem Weißen Haus und dem Secret Service geteilt. Welchen Betrag Obama privat trägt, sagt das Weiße Haus nicht. Den Stil des Anwesens beschreibt die „Washington Post“ unter Berufung auf lokale Makler als „zurückhaltende Eleganz“. Neben dem Haupthaus gebe es getrennte Gebäude für Gäste, einen Swimmingpool, ein Basketballfeld und einen Golfabschlagplatz – das sind die bevorzugten Sportarten des Präsidenten.

Passt dieser Ferienstil zur Krise, unter der viele Bürger leiden, wurde Obama jüngst in einem Fernsehinterview gefragt. „Glauben Sie, die Amerikaner meinen, ich solle deshalb auf das bisschen Ferien mit meinen beiden Töchtern verzichten?“, fragte Obama zurück. „Ich glaube nicht, dass Amerikaner so denken.“

Die Inselbewohner und die übrigen Gäste sehen dem hohen Besuch nach acht Jahren präsidialer Pause mit geteilten Gefühlen entgegen. Die Staus auf den wenigen Straßen würden wohl noch dichter, befürchten die einen. Im Winter hat die 230 Quadratkilometer große Insel 18 000 Einwohner. Im Sommer schwillt die Bevölkerung auf 80 000 an. Aber in den drei, vier Monaten verdienen die Ortsansässigen ihr Jahreseinkommen. Die Gastronomie freut sich auf ein Zusatzgeschäft. Eine örtliche Brauerei bietet unter Anspielung auf den Marsch „Hail to the Chief“ ein „Ale to the Chief“ an.

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