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Verdacht erhärtet: Proben bestätigen Fleischskandal

Untersuchungen von Fleischproben aus einem inzwischen geschlossenen Betrieb nahe Oldenburg haben den Verdacht bestätigt, es handele sich um "ungenießbare" Ware. Verbraucherschützer fordern härtere Strafen.

Oldenburg - Im neuen Geflügelfleischskandal hat die Untersuchung von Proben den Verdacht gegen die Firma im niedersächsischen Lastrup erhärtet. «Sieben von 20 Proben waren eindeutig verdorben», sagte die Sprecherin des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), Hiltrud Schrandt, am Montag. «Das Fleisch ist ungenießbar.» Angesichts des dritten großen Fleischskandals in Deutschland in diesem Jahr ist eine Debatte über schärfere Kontrollen entbrannt. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure verlangte den Aufbau eines bundesweit einheitlichen System zum Schutz des Kunden. Verbraucherschützer forderten schärfere Strafen für «schwarze Schafe».

Bei vier der untersuchten Proben war die Qualität des Geflügelfleisches laut Schrandt fraglich. Sie würden jetzt weiter untersucht. Neun Proben seien in Ordnung gewesen, sagte sie in Oldenburg. Das Fleisch wurde nur sensorisch - vor allem auf Geruch und Aussehen - überprüft. Untersuchungsergebnisse, ob es auch mit Bakterien und Keimen belastet war, gibt es nach Schrandts Angaben noch nicht.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges und des Verstoßes gegen Lebensmittelgesetze gegen einen 45 Jahre alten Unternehmer. Er soll verdorbenes Fleisch verkauft haben, das auch bis auf den Tisch der Verbraucher gelangt ist. In seiner Betriebsstätte in Lastrup, die im wesentlichen als Lager diente, haben die Behörden rund 20 Tonnen Geflügelfleisch beschlagnahmt. Sie wurde inzwischen geschlossen. Der eigentliche Betrieb im wenige Kilometer entfernten Lindern arbeitet nach Angaben des Landkreises Cloppenburg weiter, steht aber unter verschärfter Kontrolle der Behörden.

Er werde nun während der gesamten Produktionsdauer von einem Veterinär kontrolliert, sagte der Sprecher des Landkreises, Ansgar Meyer. Bisher sei ein Kontrolleur für ein bis zwei Stunden täglich am Ort gewesen. Der Standort in Lastrup, wo auch der Firmensitz war, sei erst im vergangenen Januar und März kontrolliert worden. Es sei nichts Auffälliges entdeckt worden.

Dazu sagte der Sprecher des Agrarministeriums in Hannover, Dominik Meyer: «Wenn durch kriminelle Energie etwas versteckt wird, kann es durch Kontrollen auch nicht so schnell aufgedeckt werden.» In den Betrieben müsse es «ein richtiges Warnsystem» gegeben haben, nach dem Motto: «Ein Veterinär kommt, alles wegpacken.»

Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure verlangte am Montag, es sollte festgelegt werden, dass jeder Lebensmittelkontrolleur in Deutschland rund 600 Betriebs- Überprüfungen im Jahr machen müsse. «Dann hätten wir einen einheitlichen Verbraucherschutz von Flensburg bis zum Bodensee», sagte der Verbandsvorsitzende Hans-Henning Viedt der dpa. Bislang seien die Kontrollen in jedem Bundesland anders organisiert. «Einige Länder kontrollieren nur 30 Prozent ihrer Betriebe, weil zu wenig Personal da ist.»

Eine stärkere Eigenkontrolle der Fleischbranche forderte die Bundesbehörde für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Bonn. Die Branche müsse ein eigenes Netz der Qualitätssicherung errichten, um «schwarzen Schafen» keine Chance zu lassen, sagte der Präsident der Behörde, Christian Grugel. «Wir müssen die Eigenkontrolle der Wirtschaft verbessern, um mehr Sicherheit für die Verbraucher zu erreichen.» Auch müsse eine Meldepflicht für den Fall erwogen werden, dass einem Betrieb verdorbene Ware angeliefert werde. Bisher gebe es diese nicht, sagte Grugel. «Eine solche Meldepflicht ist aber ein Schlüssel für mehr Sicherheit.»

Die Verbraucherzentralen forderten schärfere Strafen. «Wir brauchen vor allem stärkere Sanktionen, auch schon bei kleinen Widrigkeiten», sagte der Sprecher der Verbraucherzentrale Bundesverband, Christian Fronczak, dem Sender NDR Info. Die Lebensmittelkontrollen müssten personell und finanziell ausreichend ausgestattet sein und sollten nicht privatisiert werden. Bund und Länder müssten sich zudem besser absprechen.

Der neue Fall im Landkreis Cloppenburg ist bereits der dritte große Fleischskandal in Deutschland innerhalb weniger Monate. Anfang März waren in zwei Filialen der real-Warenhauskette in der Region Hannover Mitarbeiter dabei ertappt worden, wie sie Hackfleisch mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum umetikettiert und wieder ins Regal gelegt haben. Inzwischen wird bundesweit gegen Mitarbeiter von fünf Handelsketten ermittelt. Eine Fleischfirma im niederbayerischen Deggendorf soll rund 760 Tonnen für den menschlichen Verzehr untaugliche Geflügelabfälle als genusstaugliche Ware an Firmen verkauft haben, die diese Ware zu Lebensmitteln verarbeiteten. (tso/dpa)

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