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Jörg Kachelmann (r, hier mit seinem Anwalt) ist freigesprochen. Fast neun Monate hatte sich der 52-Jährige wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung seiner Ex-Freundin verantworten müssen.

© AFP

Vergewaltigungsprozess: Richter sprechen Kachelmann frei

Mit einem Freispruch geht nach rund neun Monaten der Prozess gegen den ehemaligen Wettermoderator Jörg Kachelmann zu Ende. Jubel brach nach der Urteilsverkündung im Gerichtssaal aus. Freude kam aber nicht überall auf.

Das Landgericht Mannheim hat den Wettermoderator Jörg Kachelmann vom Vorwurf der Vergewaltigung seiner Ex-Geliebten freigesprochen. Es bestünden begründete Zweifel, ob der Schweizer die 38-jährige Radiomoderatorin im Februar mit einem Messer bedroht und vergewaltigt habe, sagte der Vorsitzende Richter Michael Seidling am Dienstag in der einstündigen Urteilsbegründung.

"Er war deshalb nach dem Grundsatz in dubio pro reo freizusprechen." Kachelmann verfolgte die Ausführungen Seidlings äußerlich entspannt. Sein mutmaßliches Opfer, das als Nebenklägerin am Prozess beteiligt war, verließ nach der Urteilsverkündung weinend den Gerichtssaal. Die etwa 80 Zuschauer quittierten den Freispruch mit Jubel und wurden vom Richter zur Ruhe ermahnt.

Mit ihrem Freispruch folgte die Kammer dem Antrag der Verteidigung. In dem unter starken Medieninteresse stehenden Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung gefordert.

Die Anklage will prüfen, ob sie das Urteil akzeptiert oder Revision beim Bundesgerichtshof beantragt, wie Behördensprecher Andreas Grossmann sagte. Seidling sagte, das Gericht entlasse Kachelmann und die Radiomoderatorin mit dem möglicherweise nie mehr aus der Welt zu schaffenden Verdacht, dass der Schweizer ein potenzieller Vergewaltiger und die Frau eine potenzielle rachsüchtige Lügnerin sei. Die Beweisaufnahme habe keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung erbracht. Auch habe die 38-Jährige keine Falschaussage gemacht.

Es schwebten zu viele Fragezeichen über dem Geschehen in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2010. Während sich die Schwetzingerin nach der elfjährigen Beziehung Hoffnung auf ein gemeinsames Leben mit Kachelmann gemacht habe, hätten sie dessen im Streit offenbarten Parallelbeziehungen schockiert. "Seine manipulativen Fähigkeiten setzte er nicht nur bei der Nebenklägerin, sondern auch bei anderen Frauen ein", sagte Seidling über den Angeklagten.

Kachelmann steht Haftentschädigung zu

Nicht zu beweisen war aus Sicht der Richter, dass Kachelmann der ehemaligen Geliebten Verletzungen beigebracht hatte. Auch seien am mutmaßlichen Tatmesser keine genetischen Spuren des 52-Jährigen zu finden gewesen. Wann während der zweistündigen Begegnung der Geschlechtsverkehr und der Streit über Kachelmanns Beziehungen zu anderen Frauen stattgefunden hätten, sei nicht ohne Zweifel zu klären gewesen.

Seidling kritisierte auch die Berichterstattung über das spektakuläre Verfahren. Die Pressefreiheit sei ein hohes Gut, dennoch habe es vorschnelle Prognosen, einseitige Darstellungen der Fakten und Diagnosen von Experten gegeben, die nicht vor Ort gewesen seien. "Sie erzeugen Stimmungen, wo Sachlichkeit gefragt ist", sagte Seidling.

Kachelmann wurde im März auf dem Frankfurter Flughafen nach seiner Rückkehr aus Kanada festgenommen, wo er über die Olympischen Winterspiele berichtet hatte. Er saß vor dem Prozess vier Monate in Untersuchungshaft. Dafür steht ihm eine Entschädigung zu. Die hohen Kosten und die Auslagen des Angeklagte für seine Verteidigung muss die Staatskasse tragen. (Reuters)

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