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Fahren gemeinsam aus dem Gericht. Kachelmann und Anwalt Schwenn.

© dapd

Vergewaltigungsprozess: "Sie sind verdächtiger als Herr Kachelmann"

Kachelmanns Anwalt Schwenn wirft den Anklägern Straftaten vor – und sieht eine Verschwörung des Burda-Verlags gegen seinen Mandanten.

Sollte es im Verfahren gegen Jörg Kachelmann noch an einer Verschwörungstheorie gefehlt haben, so ist sie seit Freitag in der Welt. Mit Fragen und Anträgen deutet Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn in dem Vergewaltigungsprozess vor dem Mannheimer Landgericht an, die öffentliche Bloßstellung seines Mandanten sei eine konzertierte Aktion des Medienhauses Burda, namentlich des Verlegers Hubert Burda, und der örtlichen Staatsanwaltschaft. Schwenn erklärt auch, Kachelmann sei als Moderator der MDR-Sendung „Riverboat“ von dem Sender „rausgeschmissen“ worden und fragt einen Zeugen, ob dies auf Initiative von Hubert Burda in Absprache mit MDR-Intendant Udo Reiter geschehen sei.

Die Mannheimer Anklagevertreter Lars-Torben Oltrogge und Oskar Gattner greift Schwenn am Freitag scharf an, wirft ihnen Straftaten vor und verlangt ihre Ablösung: „Die beiden Herren hier mir gegenüber sind um einiges verdächtiger als Herr Kachelmann.“ Er fordert die Ankläger zudem auf, „alle schuldspruchrelevanten Unterlagen“ vorzulegen. Daraufhin wehrt sich Gattner: „Hier werden haltlose Spekulationen in den Raum gestellt.“ Hintergrund des Streits sind Artikel in den Burda-Blättern „Focus“ und „Bunte“. Im „Focus“ von dieser Woche kommt eine angebliche Kachelmann-Freundin zu Wort und schildert, wie Kachelmann bei einer sexuellen Begegnung im Januar brutal geworden sei. Die Frau ist jedoch Schweizerin und verweigert eine Aussage in Mannheim. Nach Darstellung Schwenns hat lediglich Staatsanwalt Gattner mit ihr telefoniert, erst Wochen später sei die Kammer davon in Kenntnis gesetzt worden. „So macht man das nicht“, sagt Schwenn am Rande der Verhandlung. Die Praxis der Staatsanwaltschaft laufe in Anbetracht der „Focus“-Veröffentlichungen darauf hinaus, dass eine Zeugin „jeden Mist in die Welt setzt, ohne sich dabei einem Risiko auszusetzen“. Sollte sich die Zeugin im Prozess oder bei einer Einvernahme im Ausland äußern, „halten wir Beweise bereit, sie zu widerlegen“. Notfalls müssten sich auch die Staatsanwälte als Zeugen äußern, auch könnten ihre Vermerke beschlagnahmt werden.

Kachelmanns Anwalt ergänzt am Freitag seinen Antrag, die Redaktionen von „Focus“ und „Bunte“ zu durchsuchen. Die Staatsanwälte dürften dazu keine Stellung nehmen, sie seien Tatverdächtige. Schwenn verweist in einer Verhandlungspause darauf, sein Antrag richte sich auf Unterlagen, die beweisen würden, dass Burda-Redakteure gemeinsam mit den Kachelmann-Gefährtinnen Aussagen abgesprochen und manipuliert hätten. Dabei seien zwischen 5000 und 8000 Euro geflossen, es gebe auch Verzehrbelege. Ohne den Tatbestand der Bestechlichkeit auszusprechen, deutet Schwenn indirekt an, die Staatsanwaltschaft könnte sich bei Kontakten zur Redaktion strafbar gemacht haben, es gehe schließlich auch um das Auffinden von Verzehrbelegen. Er gehe aber davon aus, dass bei „Focus“ derzeit „der Schredder läuft“. Als Schwenn dem Gericht in der zeitweise lauten und turbulenten Verhandlung vorwirft, es bete „minutiös das Beweisprogramm der Staatsanwaltschaft nach“ und befinde sich auf einem „Holzweg“, platzt dem unsouverän wirkenden Richter Michael Seidling der Kragen: „Wir führen den Amtsermittlungsgrundsatz aus. Es geht um keinen Holzweg und es geht auch ohne feindliche Worte. Ich lasse mir die Verhandlungsführung nicht aus der Hand nehmen.“

MDR-Fernsehdirektor Wolfgang Vietze bestätigt als Zeuge vor Gericht, mit Kachelmann habe es Probleme bei seinen Liveauftritten im MDR-„Riverboat“ gegeben. Kachelmann habe Termine nicht eingehalten, weshalb man die Zusammenarbeit mit ihm beenden wollte.

Das Gericht hat sein Beweisprogramm deutlich erweitert, es sind jetzt Termine bis Ende März vorgesehen.

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