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Panorama: Verhagelter Sommer

Eigentlich ist Wetter in Italien kein Thema. Der Rekordregen hat das geändert. Auch Bayern und Österreich stehen unter Wasser

Rom (dpa). Das Wetter spielt verrückt. Süddeutschland, Österreich und Italien melden Rekordregenfälle und Hagelkörner, wie sie noch nie ein Mensch gesehen hat.

Normalerweise ist für Italiener und Italienurlauber im August das Wetter kein Thema. Die Sonne brennt. Wer kann, fährt ans Meer. Wer in der Stadt zurückbleibt, schwitzt seine schicken Sommeranzüge durch. Höchstens in Südtirol gibt es ein paar Wärmegewitter. Aber damit ist es wohl vorbei, erklärt der 78-jährige Meteorologe Salvatore Furia aus Varese in Norditalien. „Die Sommer von einst kommen nicht mehr wieder. Daran müssen wir uns gewöhnen. Die Wettermaschine ist kaputt.“ Hitzewelle mit fast 40 Grad im Juni, Windhosen und Unwetter mit pfirsichgroßen Hagelkörnern im August – irgendetwas ist in Italien gründlich durcheinander geraten. In Viareggio an der ligurischen Küste etwa zerstörten Windböen 20 „stabilimenti“, wie die Badeanstalten hier heißen. In Rimini sprechen erste Hotelbesitzer schon von einer ruinierten Saison. Im Friaul und in Venetien sind die besten Weinlagen verhagelt. Landwirtschaftsminister Giovanni Alemanno will gar den Notstand ausrufen. Das Schlimmste aber: Nach kurzem Sonnenschein hat sich für die nächsten Tage schon eine neue Unwetterfront angesagt – diesmal soll es Süditalien treffen. Einen ersten Vorgeschmack gab es am Mittwoch in Apulien an der Adria.

Windböen entwurzelten Bäume, bei Bari gab es Überschwemmungen.

„Das ist der schlechteste Sommer, den ich in Italien je erlebt habe“, beklagt eine Deutsche, die seit zehn Jahren in Rom lebt. „Zwar ist es heiß, doch der Himmel ist oft bedeckt. Da macht es am Meer einfach keinen Spaß.“ Von der Lombardei bis in die Toskana und Umbrien machten die Wetterkapriolen den Menschen zu schaffen. Touristen standen knöcheltief im Wasser, Meteorologen sprechen von den schwersten Sommerregen seit 40 Jahren. Bei Brescia stürzte ein Mann in den Tod, als er sein vom Sturm beschädigtes Dach reparieren wollte. „Der Sommer, der keiner ist“, titelt eine Zeitung in leicht italienischer Übertreibung. Weinliebhaber können sich schon mal auf höhere Preise gefasst machen. Vor allem die Bardolino- und Valpolicella-Lagen sowie Prosecco-Trauben sind schwer mitgenommen. Ein Drittel der Ernte ist hin. Aber das ist noch nicht alles. Daniele Cernilli vom berühmten Ess- und Weinführer „Il Gambero Rosso“ meint, die riesigen Hagelkörner hätten etwa am Gardasee und bei Brescia nicht nur die Trauben vermatscht, sondern auch ganze Rebstöcke zerstört und aus dem Boden gerissen – auch die nächsten Jahrgänge seien in Gefahr. Schuld an der ganzen Misere habe unter anderem El Niño, sagt der Meteorologe Prof. Furia und meint damit die Aufheizung des Meeres im Südatlantik. „Zu heiß im Juni, zu viel Regen im Juli. Es gibt nur noch anormale Jahreszeiten.“

Starke Regenfälle haben in der Nacht zum Mittwoch in Oberbayern Keller und Straßen überflutet. Etliche Bäche traten über die Ufer. Im Chiemgau mussten mehrere Straßen gesperrt werden. Dauerregen hat auch in Österreich zahlreiche Feuerwehren zu Großeinsätzen ausrücken lassen. Allein in Salzburg, wo innerhalb von 20 Stunden so viel Regen fiel wie üblicherweise im gesamten August, griffen die Feuerwehren rund 170 Mal ein, um überflutete Keller auszupumpen und Straßen freizuräumen.

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