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Panorama: Verletzlich und verführerisch

Von Sassan Niasseri Was seine Traumrolle sei, wollte ein Journalist kürzlich von Hayden Christensen wissen. Der Schauspieler zögerte nicht lange: ein Auftritt bei den „Simpsons".

Von Sassan Niasseri

Was seine Traumrolle sei, wollte ein Journalist kürzlich von Hayden Christensen wissen. Der Schauspieler zögerte nicht lange: ein Auftritt bei den „Simpsons".

Dafür würde er beim Vorsprechtermin sogar Miauen, genauso wie deren Katze es immer tut. Christensen hat gut Reden. Er spielt die Traumrolle, die Millionen anderer Jugendlicher sich wünschen: die eines Jedi-Ritters in „Star Wars". 400 Schauspieler, darunter angeblich auch Leonardo DiCaprio, hatten vorgesprochen. Und die Wahl fiel trotzdem auf Christensen. Jetzt, so scheint es, muss der 21-jährige Kanadier alles tun, um am Boden zu bleiben.

Im neuen „Star Wars"- Film „Episode II: Angriff der Klonkrieger“, der weltweit am 16. Mai in den Kinos anläuft, spielt Christensen den 18-jährigen Anakin Skywalker, den Jedi-Zauberlehrling, der sich später – im dritten Teil der Sternensaga – in Darth Vader verwandeln wird, den wohl bekanntesten Bösewicht der Kinogeschichte. Christensen übernimmt damit eine Schlüsselrolle: Der Anakin-Charakter wurde bereits in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ (1983) eingeführt, damals verkörpert vom 82-jährigen Sebastian Shaw. In „Episode I“ (1999) wiederum, der zeitlich vor der ersten „Star Wars"-Trilogie angesiedelt ist, spielte der achtjährige Jake Lloyd den Jedi, als Sklavenlümmel, der – noch unbedarft – davon träumt, dass ihm eines Tages die Galaxis unterstehen wird.

Jetzt liegt es an Christensen, mit seiner Rolle die zwei Trilogien miteinander zu verbinden und Anakins Persönlichkeitswandlung glaubhaft zu machen: weg vom verliebten, aber leichtsinnigen Kämpfer Anakin, und hin zu dessen alter ego, dem tyrannischen Halb-Mechanoid Vader. Ein hohes Maß an Verantwortung für den Jungschauspieler, der selbst erst vier Jahre nach dem ersten „Star Wars"-Film geboren wurde.

Aufregung? Bei Beginn der Dreharbeiten vor zwei Jahren litt Christensen, so sagte er einer amerikanischen Zeitung, unter Zuständen extremer Aufgeregtheit, an Hustenanfällen und Übelkeit. Bisweilen auch an einer Bronchitis, die ins Chronische zu kippen drohte. Schon vor seinem ersten Treffen mit George Lucas, dem „Star Wars"- Regisseur, habe er sich ununterbrochen übergeben. Für ihn kein Problem: das passiere ihm beim Vorsprechen andauernd.

Trotzdem ist Christensen, auch wenn ihn in Europa vorher kaum jemand kannte, kein Schauspielneuling. Bereits als Siebenjähriger drehte der Vancouverer, der aus einer Familie von Berufssportlern stammt, seine ersten Werbespots. Als Heranwachsender spielte er kleinere Rollen in Filmen von Horror-Regisseur John Carpenter und Sofia Copolla. Der Durchbruch gelang ihm dann vor zwei Jahren: für sein Portrait eines verstörten Teenagers in dem Familiendrama „Life as a House“ erhielt er eine Golden Globe-Nominierung. Das kam zur rechten Zeit, die Dreharbeiten für „Episode II“ hatten damals schon begonnen, und eine hartnäckige Gruppe der „Star-Wars"-Anhänger wurde nicht müde, auf Internetseiten ihre Ablehnung gegenüber Christensen mitzuteilen. Wie ein Weichkeks sehe er aus, tuntiger als ein Boygroup-Sänger. Niemals könne der einen Schurken verkörpern. Zumindest Natalie Portman, die in „Angriff der Klonkrieger“ wieder die Königin Amidala, Anakins Geliebte, spielt, zeigt sich begeistert von ihrem Filmpartner. „Seine Präsenz sprengt die Leinwand“, sagte sie. Als Darsteller vereine Hayden genau diejenigen Eigenschaften, mit denen auch Anakin zum Verführer wird: „Er ist verletzlich wie ein Jugendlicher, aber in den entscheidenden Momenten demonstriert er die Härte eines Erwachsenen."

Harry Knowles hat Christensen schon gesehen, und er ist da ganz anderer Meinung. Der Filmfreak hat zwar keinen festen Job in der Filmbranche, aber seine vernichtenden Urteile über das Kino, die er über seine Homepage „Aintitcool.com“ verbreitet, haben in Hollywood Gewicht. Deshalb hofieren die Bosse den lumpigen Knowles auch schon mal, machen ihm Geschenke und laden ihn ein zu privaten Testvorführungen neuer Filme. Sein Urteil über „Episode II": Film super, Christensen eine Katastrophe. „Er ist ein verwöhnter, weinerlicher, egoistischer Punk“, wettert Knowles. Vergleichbar nur mit der Sorte schmieriger Football-Spieler, die sich an Cheerleaderinnen ranmachen. Vielleicht aber ist Knowles nur einer der vielen „Star Wars"-Fans, die einen anderen Helden schmerzlich vermissen: Han Solo. Der verwegene, sprücheklopfende Weltraumcowboy, Hauptfigur der ersten Trilogie, gilt bis heute als die beliebteste Figur der Serie. Die Rolle hatte Harrison Ford zum Star gemacht. Kein anderer Star-Wars-Darsteller hat eine ähnlich hohe Fan-Sympathie. Niemand interessiert sich heute mehr für Jake Lloyd, den jungen Anakin, der vor drei Jahren noch als der kommende Kinderstar präsentiert wurde. Der Londoner „Guardian“ meint zu dem neuen Anakin-Darsteller Christensen: Als Teenagerstar in diesem Film zu spielen sei ungefähr so, als feiere man den größten Kindergeburtstag seines Lebens – ohne aber sein Spielzimmer jemals wieder verlassen zu dürfen. Deshalb werde Hayden den Kinozuschauern auf ewig als Anakin in Erinnerung bleiben.

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