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Madeleine lebt. Davon ist ihre Mutter Kate McCann fest überzeugt.

© AFP

Verschwundenes Mädchen: Jetzt sucht Scotland Yard nach Maddie

Vier Jahre nach dem Verschwinden der damals vierjährigen Madeleine in Portugal schaltet sich der britische Premier ein. Die Eltern McCann machten aus ihrer Enttäuschung über die portugiesischen Behörden nie ein Hehl.

In dieser Woche ist Madeleine acht Jahre alt geworden – wenn sie noch lebt. Aber ihre Mutter, Kate McCann, ist sich dessen sicher. „Als Mutter habe ich dafür ein Gefühl“, sagte sie in einem Interview mit dem Sender BBC. „Ich weiß nicht, wie andere Mütter fühlen würden. Aber nichts sagt mir, dass ich mit der Suche aufhören sollte“. McCann, hager und abgehärmt, fügte hinzu: „Ich hoffe, dass sie, wo immer sie ist, geliebt wird. Madeleine ist ein Mädchen, das man gar nicht anders als lieben kann.“

Nun setzte der britische Premier David Cameron Scotland Yard auf den Fall an. In einem mit „David“ unterzeichneten Brief schrieb Premier Cameron, „Liebe Kate, lieber Gerry“ und drückt seine Bewunderung für „die Stärke und Entschlossenheit“ der Eltern aus. Die Londoner Kriminalpolizei soll „ihre besondere Expertise nutzen“, um den Fall noch einmal aufzunehmen. Scotland-Yard-Chef Paul Stephenson will ein „beträchtliches Eliteteam“ einsetzen um, wie es diplomatisch heißt, den Portugiesen „bei den Ermittlungen zu helfen“. Die Eltern McCann machten aus ihrer Enttäuschung über die portugiesischen Behörden nie ein Hehl. Ihnen zufolge gibt es keine aktiven Ermittlungen, seit die portugiesische Polizei die Sache 2008 ohne Ergebnis zu den Akten nahm. Erst jetzt erklärte sich Portugal bereit, die Akten noch einmal zu öffnen. „Es gibt eine riesige Menge von Informationen und Erkenntnissen in Portugal und in Großbritannien, die nie zusammengeführt wurden“, betont Kate McCann. Hinweise aus der Bevölkerung oder Berichte von solchen, die Madeleines gesehen haben wollen – erkennbar an einer charakteristischen Verformung der Pupille – würden unbearbeitet in den Akten verschwinden.

Auch die britische Presse reagierte damals gemischt auf das Verschwinden der gerade vierjährigen Madeleine. Weil die McCanns, vor allem Gerry, ein rationaler Herzarzt, nach der Entführung nicht genug Emotionen vor den Kameras zeigte, wurde er selbst verdächtig. Immer wieder wurden die McCanns beschuldigt, mitverantwortlich für die Entführung der Tochter zu sein, weil sie die Kinder allein ließen, und in einem hundert Meter entfernten Lokal Pizza aßen. Dann lud die portugiesische Polizei die Eltern McCann sogar als Tatverdächtige aufs Revier. Erst nach Monaten wurde der Tatverdacht gegen die McCanns fallen gelassen. Dass sie ihre Kinder in der Wohnung gelassen hätten, bedauerten sie zutiefst, „und das werden wir bis zum Ende unserer Tage tun“, schreibt McCann.

Britische Polizisten waren hinter vorgehaltener Hand entsetzt über die portugiesische Polizeiarbeit. Spuren am Tatort wurden nie richtig gesichert, Beweisstücke waren von Zigarettenasche der Inspektoren kontaminiert. Hinweise, dass Maddie kein Einzelfall war und es vor ihrer Entführung an der Algarve bereits mehrere Sexualvergehen an britischen Urlauberkindern gab, wurden nicht bearbeitet, weil diese Fälle vertuscht worden sein sollen.

Die größte Angst der McCanns ist, Madeleine könnte einer „Fritzl-Figur“ – der Österreicher hatte seine Tochter in einen Keller gesperrt und sieben Kinder mit ihr gezeugt, von denen sechs überlebten – zum Opfer gefallen sein. Ihre größte Hoffnung ist, dass sie „auf Bestellung“ entführt wurde, vielleicht von einem kinderlosen Paar, und ein behütetes Leben hat.

In ihrem Buch berichtet Kate McCann offen über ihren überwältigenden Schuldkomplex nach dem Verschwinden Madeleines. Sie verliert nicht nur die Tochter, sondern wird in der Öffentlichkeit dafür noch beschuldigt und verdächtigt und an den Rand des Selbstmords getrieben. Die Ärztin berichtet, wie sie sich vorstellt, was der Entführer mit Madeleine anstellt und will sich „die Haut vom Leibe reißen“. Offen spricht sie über die Schwierigkeiten in ihrer Ehe. Körperliche Beziehungen zu ihrem Mann waren ihr lange nach der Entführung unmöglich. Doch beschreibt sie auch, wie das überlegte, rationale Handeln ihres Mannes – der dafür so viel Kritik bekam – ihr weitergeholfen hat und die Kampagne auf den Weg brachte, die schuld daran ist, dass Madeleine vier Jahre nach der Entführung noch nicht vergessen ist.

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