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In der Klinik in Mainz schweben noch zwei Säuglinge in Lebensgefahr.

© ddp

Verunreinigte Nährlösung: Mainzer Uniklinik: Zwei Säuglinge schweben in Lebensgefahr

Am Samstag starben zwei Säuglinge in der Uniklinik in Mainz vermutlich wegen verunreinigter Infusionslösung. Die Ärzte beschreiben den Gesundheitszustand von zwei weiteren Babys als "sehr kritisch".

Nach dem Tod zweier Babys in der Universitätsklinik Mainz ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Das Polizeipräsidium Mainz habe am Sonntag eine Sonderkommission gebildet, die mit den weiteren Ermittlungen betraut wurde, teilten die Behörden am Abend mit. Die beiden verstorbenen Kinder sollten noch am Sonntag von Sachverständigen der Gerichtsmedizin Frankfurt untersucht werden. Das Institut soll auch mikrobiologische Untersuchungen machen, die weitere Erkenntnisse über die Ursache der Verunreinigungen der Infusion bringen sollen. Von einer Einbindung der Gerichtsmedizin in Mainz sei abgesehen worden. Damit wolle man die nötige Neutralität der Ermittlungen unterstreichen.

Zu klären sei, an welcher Stelle die Nährlösung verunreinigt wurde. Die Universitätsmedizin habe von Beginn an kooperativ mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet, hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Mainz und des Polizeipräsidiums Mainz.

Unterdessen fürchten die Ärzte der Universitätsmedizin Mainz, dass noch zwei weitere Kinder die Verabreichung von verunreinigter Flüssignahrung auf der Intensivstation der Klinik nicht überleben könnten. Von den fünf Kindern, deren Zustand als "kritisch" beschrieben wurde, seien "zwei sogar sehr kritisch", sagte der Oberarzt der Kinderintensivstation Ralf-Gunter Huth am Sonntagabend. "Dort befürchten wir Schlimmes, sagte er. Die beiden bereits gestorbenen Kinder seien wegen Herzfehlern in Behandlung gewesen. Alle Kinder hätten die Nacht überlebt, sagte eine Sprecherin der Universitätsmedizin am Montagmorgen.

Verunreinigung durch Enterobacter-Bakterien

Die Infusionslösungen waren offenbar durch Enterobacter-Bakterien verunreinigt. Das sagte der Oberarzt der Kinderintensivstation, Ralf-Gunter Huth, am Sonntagabend in Mainz. Noch sei unklar, um welche der 14 Unterarten des Bakteriums es sich handele. Enterobacter kommen vor allem im menschlichen Darm vor. Es gelte als wahrscheinlich, dass die Flüssignahrung bei der Herstellung in der Uniklinik verunreinigt wurde. Zuvor war bekannt geworden, dass zwei schwer kranke Säuglinge am Samstag auf der Intensivstation der Mainzer Universitätsklinik gestorben sind, nachdem sie dort eine mit Bakterien verschmutzte Infusionslösung bekamen. Die Säuglinge waren zwei und acht Monate alt. Bei dem zwei Monate alten Baby handelte es sich um eine Frühgeburt.

Die medizinische Katastrophe löste fieberhafte Aktivitäten aus. Die zuständigen Behörden seien „unverzüglich informiert und eingebunden worden“, sagte der Vorstandsvorsitzende Prof. Norbert Pfeiffer. Die Verkeimung dieser Infusionen sei bei der täglichen Überwachung der Produkte durch das Institut für Mikrobiologie und Hygiene festgestellt worden. Die Infusionen kamen aus der Apotheke der Universitätsmedizin Mainz. Wie die Direktorin der Apotheke der Universitätsmedizin, Irene Krämer, mitteilte, werde die Infusion individuell für jeden Säugling hergestellt. Mit diesem Verfahren seien in den vergangenen zehn Jahren mehr als 90.000 Lösungen einwandfrei produziert worden. Sie bestünden aus neun verschiedenen Mitteln wie beispielsweise Glukose, Magnesium und Wasser. Bei der Produktion der verunreinigten Arznei hätten die beteiligten Mitarbeiter nach weniger als 30 Minuten die verwendeten Handschuhe gewechselt. Dennoch könne menschliches Versagen nicht ausgeschlossen werden.

Nutzung der verdächtigen Lösungen gestoppt

Beim ersten Verdacht einer möglichen Verkeimung seien alle infrage kommenden Patienten vorsorglich medizinisch behandelt worden, hieß es. Kinder, die „anderweitig portionierte Medikamente erhalten haben“ seien nicht erkrankt. Die Nutzung der verdächtigen Lösungen sei sofort gestoppt, die aktuell verwendeten Infusionen durch Präparate anderer Hersteller ausgetauscht worden. Bis zur Klärung der Lage sollen diese „in einem alternativen Verfahren“ hergestellt werden.

„Unser tiefes Mitgefühl gilt den Eltern und Angehörigen der verstorbenen Kinder“, teilte Pfeiffer mit, bevor er sich noch am Sonntagabend den Fragen der Presse stellte. Auch die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin Doris Ahnen (SPD) reagierte „mit großer Bestürzung und tiefer Betroffenheit“ auf die Todesfälle. Die genauen Umstände „dieser tragischen Ereignisse“ müssten lückenlos aufgeklärt werden, sagte Ahnen, die Aufsichtsratsvorsitzende der Universitätsmedizin Mainz ist.

Die Universitätsmedizin Mainz, erst im Januar 2009 durch den Zusammenschluss des Universitätsklinikums und des Fachbereichs Medizin der Johannes Gutenberg-Universität entstanden, wurde durch die Bakterien in den Infusionsflaschen schwer getroffen.
Höchste Qualität wollte die neue Universitätsmedizin liefern. Im „Leitbild“ des Klinikums heißt es schließlich: „Wir leisten bestmögliche medizinische und pflegerische Versorgung für die Patientinnen und Patienten, die sich uns anvertrauen. (ddp/dpa)

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