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Alle Studenten wurden sofort per Mail und Twitter gewarnt.

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Update

Virginia: Täter nach Schießerei an US-Universität identifiziert

Nach erneuten Todesschüssen an der Virginia-Tech-Universität hat die Unileitung schnell reagiert: Alle Studenten wurden sofort per Mail und Twitter gewarnt.

Julie Fleming, eine Studentin an der Virginia-Tech-Universität in Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia, lässt ihren Tränen freien Lauf, als sie dem Fernsehsender CNN die dramatischen Minuten schildert, die sie als Augenzeugin miterlebt hat. „Als die Polizisten die Wagentür öffneten, fiel ihnen ihr blutender Kollege entgegen. Sie begannen sofort mit der Wiederbelebung. Doch er war wohl schon tot.“

Ein 22 Jahre alter Student hat nach Erkenntnissen der Polizei auf dem Campus der US-Universität Virginia Tech einen Polizisten und dann sich selbst erschossen. Über die Hintergründe der Tat rätseln die Ermittler weiter, wie US-Medien am Samstag berichteten. Ein vom Campus angestellter Polizist hatte auf dem Uni-Gelände einen Autofahrer nach einem Verkehrsvergehen gestoppt und vor ihm angehalten. Daraufhin ging der Mann auf das Polizeifahrzeug zu und feuerte Schüsse auf den seit vier Jahren auf dem Revier tätigen Beamten ab. Dann rannte der Täter davon, zu einem benachbarten Parkplatz. Dort wird später ein lebloser Körper gefunden, der Schütze hatte sich nach der Tat selbst getötet.

Diesen Augenblicken folgen auf dem Universitätsgelände lange Stunden des Bangens und Betens. Denn Virginia Tech steht für einen der blutigsten, folgenreichsten Amokläufe in der amerikanischen Geschichte. Im April 2007 eröffnete hier ein als Einzelgänger geltender Student das Feuer auf Kommilitonen und Lehrer. 32 Menschen starben und 25 wurden verletzt, bevor der unter mentalen Problemen leidende Todesschütze sich das Leben nahm. Es war eine Tragödie, die das ganze Land in einen Schockzustand versetzte – und jede Menge Fragen aufwarf, die dann auch für Schadensersatzklagen der Opfer-Angehörigen sorgten. Hätte die Uni-Verwaltung den aktenkundigen psychologischen Problemen des Amokschützen konsequenter nachgehen müssen? Hätte das Alarmsystem auf dem Campus früher aktiviert werden müssen? Wartete die Polizei zu lange mit der Erstürmung eines vom Täter von innen verriegelten Gebäudes? Und: Muss das Waffenrecht in den USA grundsätzlich verschärft werden?

Diesmal funktioniert das Alarmsystem, bei dem auch Twitter und andere soziale Medien zum Einsatz kommen und das sich vor allem auf E-Mails an alle eingeschriebenen Studenten stützt. Es gebe eine „aktive Bedrohung“, Schüsse seien abgefeuert worden, lässt das Dekanat über Stunden melden. Erst am Abend wird Entwarnung gegeben.

„Wir sind den ganzen Tag in unserem Apartment geblieben. Wir haben uns nicht getraut, uns zu rühren“, gibt einer der Studenten später Reportern zu Protokoll. Unter den Eltern der Jugendlichen machte sich unterdessen Panik breit. Verzweifelt versuchten viele, über Handy Kontakt herzustellen, denn der gesamte Campus war kurz nach den Schüssen von Sondereinsatz-Einheiten mit schusssicheren Westen und Schnellfeuer-Gewehren abgeriegelt worden. „Wir haben alle gefürchtet, dass sich die Geschichte von damals wiederholt“, berichtet Matthew Spencer im Fernsehsender NBC. Bislang konnten die Ermittler keine Verbindung zwischen Täter und Opfer erkennen, meldeten US-Medien.

Der Täter soll an der benachbarten Radford Universität Betriebswirtschaft studiert haben, meldete die „Washington Post“. Der getötete Polizist war ein 39 Jahre alter Ex-Soldat und Vater von fünf Kindern.

Am Tag vor der Tat soll der Student eine Mitarbeiterin eines Immobilienbüros mit einer Waffe bedroht und ihre Autoschlüssel eingefordert haben. Der gestohlenen Wagen wurde auf dem Campus gefunden. Die Polizei geht davon aus, dass der Schütze alleine gehandelt hat. Ein Bekannter beschrieb ihn in der „Washington Post“ als einen „verdammt guten Sportler“.

Die sich nach Vorfällen wie diesen wiederholende Debatte über eine Verschärfung der Waffenrechte im Land ist bisher ausgeblieben – wohl auch, weil man mittlerweile die Aussichtslosigkeit von Initiativen dieser Art eingesehen hat. Denn die Republikaner im US-Kongress lehnen traditionell und mit Hinweis auf das im zweiten Artikel der Verfassung verankerte Recht zum Tragen einer Schusswaffe striktere Regeln ab. Und auch der sich 2012 zur Wiederwahl stellende US-Präsident Barack Obama hat es bisher – wie die meisten seiner demokratischen Parteifreunde – vermieden, bei diesem Reizthema auf dem Kapitol Druck zu machen. (mit dpa)

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