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Polizisten der Spurensicherung gehen am Freitag in ein Haus in Wallenfels (Bayern). Die Polizei hatte in dem Haus sterbliche Überreste von sieben Säuglingen gefunden.

© dpa

Update

Wallenfels in Bayern: Acht Babyleichen in Wohnung gefunden - 45-Jährige gefasst

In einem Haus in Bayern sind die sterblichen Überreste von acht Säuglingen gefunden worden. Die Polizei hat nun die mutmaßliche Mutter verhaftet. Derweil werden immer mehr Details des Falls bekannt.

Sie waren in Handtücher und Plastiktüten gewickelt: Die Polizei hat in einem Haus in Oberfranken die Leichen von mindestens acht Babys gefunden. Die Ermittler haben eine 45 Jahre alten Frau verhaftet. Sie soll bis vor kurzem in der Wohnung gelebt haben. Wie die Säuglinge zu Tode kamen, war zunächst völlig unklar. Die Leichen seien in einem schlechten Zustand. Rechtsmedizinische Untersuchungen müssten nun zeigen, ob es möglicherweise noch mehr tote Körper sein könnten. Eine Anwohnerin hatte am Donnerstagnachmittag den Notruf gewählt, nachdem sie in der Wohnung die sterblichen Überreste eines Säuglings gefunden hatte. Daraufhin entdeckten die alarmierten Polizisten in einem Zimmer mehrere weitere Leichen. Und am Freitagnachmittag gab es noch eine bittere Nachricht: Die Spurensicherung und die Kripo entdecken ein achtes totes Baby in dem Haus.

Laut Bild.de soll es sich bei der Anwohnerin, die den ersten toten Säugling entdeckte, um eine Untermieterin im Haus handeln. Der Fundort soll demnach eine ehemalige Sauna im Haus gewesen sein, welche als Abstellraum genutzt werde. Die verwesten Leichen sollen luftdicht verpackt in Tüten und eingewickelt in Tüchern gewesen sein.

In welchem Verhältnis die Anruferin zu den Hausbewohnern steht, sagte die Polizei zunächst nicht. Die gesuchte Frau selbst wurde bis zum frühen Freitagnachmittag nicht gefunden. Ob sie als dringend tatverdächtig gilt, wollte die Sprecherin nicht sagen. „Nach ihr wird zumindest gesucht als mögliche Mutter der Kinder.“ Zu persönlichen Details über die Frau hielt sich die Polizei bedeckt. Zuvor hatten mehrere Medien über das möglicherweise heikle familiäre Umfeld berichtet. Die Sprecherin bestätigte, dass die 45-Jährige offenbar vor einiger Zeit in dem Haus gewohnt hat. Wer sonst noch dort lebt, wollte sie nicht sagen.

"Der Aufenthaltsort der mutmaßlichen Mutter ist unbekannt", sagte Dippold. Ein Polizeisprecher sagte, die Frau sei wohl zu einem neuen Lebensgefährten gezogen. Beide seien bislang aber noch nicht angetroffen worden. Es sei auch unklar, wer der oder die Väter der Säuglinge seien.

Ermittlungsgruppe „Schlossberg“ gegründet

Die Körper wurden seit Freitagmorgen obduziert. Die Untersuchungen der Rechtsmediziner sollen frühestens Anfang nächster Woche Aufschluss darüber geben, wie lange die Kinder bereits tot sind, welches Geschlecht sie haben und woran sie gestorben sind. Mittlerweile wurde die Ermittlungsgruppe „Schlossberg“ gegründet. „Es sind noch sehr viele Personen zu befragen und es erfolgen auch weitere Durchsuchungsmaßnahmen“, sagte die Polizeisprecherin. Dabei soll vor allem das Anwesen selbst noch genauer unter die Lupe genommen werden. „Unter Umständen kommen auch noch andere Objekte dazu.“

„Was wir gesehen haben, werden wir niemals sagen“, berichtete eine Haus-Bewohnerin der Bild-Zeitung. Demnach lagen laut Polizeiangaben die sterblichen Überreste der Kinder in einer Kiste. Die Frau soll nach einem Streit mit ihrem Mann Ende September ausgezogen sein und war für die Polizei an ihrem neuen Wohnsitz nicht anzutreffen. Laut bild.de soll die Frau häufig schwanger gewesen sein, wie Dorfbewohner demnach berichten. In dem Haus soll sie 18 Jahre lang gewohnt haben.

Bürgermeister Jens Korn, der am frühen Abend von der Polizei über die Geschehnisse unterrichtet wurde, sagte focus.de: "Ich bin fassungslos. Wir sind eine kleine, lebendige Gemeinde mit 2.800 Einwohnern, in der jeder jeden kennt. Wir sind sehr bewegt und fragen uns alle: Hätte man etwas tun können? Hätte man helfen können?"

Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks handelt es sich bei der Familie, in deren Haus die Babyleichen entdeckt wurden, um ein Paar, das schon aus früheren Ehen Kinder in die Beziehung mitgebracht hatte. Zumindest der Mann soll in Vereinen sehr engagiert gewesen sein. "Eigentlich eine ganz normale Familie", sagte der Bürgermeister dem BR.

Laut terre des hommes von 2006 bis 2014 gut 200 Babys getötet

Der Fund in Oberfranken reiht sich ein in eine Serie erschütternder Fälle um den Tod von Neugeborenen allein in den vergangenen zehn Jahren. So wurden im Juli 2005 im brandenburgischen Brieskow-Finkenheerd die Leichen von neun Babys entdeckt. Die zur Tatzeit offenkundig alkoholabhängige Mutter hatte die Kinder zwischen 1988 und 1998 nach der Niederkunft sich selbst überlassen. Die sterblichen Überreste hatte sie in Pflanzkübeln eingegraben. Die 13-fache Mutter wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Im März 2013 erhielt eine Mutter aus Schleswig-Holstein neun Jahre Gefängnis, weil sie fünf ihrer Kinder direkt nach der Geburt getötet hatte.

Zwei der getöteten Kinder wurden 2006 und 2007 in einer Altpapier-Sortieranlage und auf einem Parkplatz gefunden. Auf die Spur der Mutter kam die Polizei aber erst 2012, als die Frau im Zuge der noch laufenden Ermittlungen um eine DNA-Probe gebeten wurde. Daraufhin gestand sie und führte die Beamten zu den Leichen der anderen drei Neugeborenen in ihrem Keller. In Berlin entdeckte im Oktober 2009 ein Mann in der Wohnung einer verstorbenen Bekannten die Überreste von vier Babyleichen. Die frühere Wohnungsinhaberin, die auch die Mutter der Säuglinge gewesen sein soll, hatte sich Monate zuvor mit einem Sprung aus dem 12. Stock des Wohnhauses im Stadtbezirk Charlottenburg das Leben genommen. Die Leichenteile waren damaligen Zeitungsberichten zufolge skelettiert und teilweise zerfallen. Wie genau die Babys zu Tode kamen, konnte nicht mehr geklärt werden.

Diese drei spektakulären Fälle sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Zwar gibt es nach Angaben des Kinderhilfswerks terre des hommes in Deutschland keine offizielle Statistik, mit der die Tötung von Neugeborenen systematisch erfasst wird. terre des hommes legt jedoch seit Jahren regelmäßig Zahlen vor, die auf Medienauswertung und eigenen Internet-Recherchen der Hilfsorganisation beruhen. Demnach wurden von 2006 bis einschließlich 2014 mindestens 202 Neugeborene unmittelbar nach der Geburt getötet. Die meisten dieser Fälle zählte terre des hommes mit 32 im Jahr 2006. (dpa, AFP, rok)

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