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Panorama: Wanderer zwischen Welten

Prinz Claus war der beliebteste Deutsche in den Niederlanden

Von Klaus Bachmann, Den Haag

Kaum jemand hat so sehr dazu beigetragen, das Bild vom hässlichen Deutschen in den Niederlanden durch sein persönliches Beispiel verblassen zu lassen wie Prinz Claus von Amberg. Als er 1965 die niederländische Kronprinzessin Beatrix heiratete, boykottierte ein Teil der Parlamentsabgeordneten und der Amsterdamer Stadträte die Feierlichkeiten, ehemalige Widerstandskämpfer protestierten, und vor und während der Hochzeit lieferten sich Demonstranten und Polizei Straßenschlachten. Claus von Amberg war nicht nur Deutscher, er war sogar während der letzten Kriegsmonate Wehrmachtsoffizier in Italien und zuvor Hitlerjunge gewesen. Am Sonntagabend starb er im Alter von 76 Jahren in einer Amsterdamer Klinik an einem Krebsleiden.

Die Furcht vor einer antideutschen und antimonarchistischen Welle veranlasste den damaligen Außenminister und späteren Nato-Generalsekretär Joseph Luns dazu, im Kabinett zu diskutieren, ob man Claus von Amberg nicht nahe legen solle, nach der Heirat nur seinen zweiten Vorn Georg zu führen, weil das nicht so deutsch klinge. Prinz Claus schaffte solche Befürchtungen schnellt aus der Welt. Mit seinem fließenden Niederländisch, seiner unkonventionellen, sehr menschlichen Art, die stark mit dem herrschaftlichen Gebaren seiner Frau kontrastierte, verschaffte er der Monarchie ein warmes, volksnahes Image. Hinzu kam, dass er bald schon ausgesprochen linke Ansichten entwickelte, sich für Entwicklungshilfe und die Erhaltung des Wattenmeers einzusetzen begann. 1969 ernannte ihn die damalige Regierung de Jong zum Vorsitzenden der Nationalen Entwicklungspolitischen Kommission, die dadurch den Spitznamen „Claus-Kommission“ erhielt.

Seine direkte Art, sein mitfühlendes Wesen und seine sichtbare Empathie für sein neues Heimatland bescherten ihm schon bald Sympathierekorde bei den Meinungsumfragen. Doch er blieb ein Wanderer zwischen den Welten. Ein richtiger Deutscher sei er nie gewesen, schrieb vor einigen Jahren „de Volkskrant“, ein richtiger Niederländer nie geworden. „Er musste in einer Traumwelt funktionieren, die sich bei näherem Hinsehen als ein Irrenhaus erwies. Alle Versuche, einen Prinzen aus ihm zu machen, scheiterten.“ Prinz Claus selbst kam in dieser Traumwelt immer schlechter zurecht. Er war Legationsrat an der Elfenbeinküste und Attache in St. Domingo gewesen, bevor er sich auf einem Polterabend in die damalige niederländische Konprinzessin Beatrix verliebte. Als er sich entschloss, sie zu heiraten, verzichtete er auf eine Karriere als Diplomat.

Ab seinem 39. Lebensjahr stand Claus so ganz im Schatten seiner selbstbewussten und willensstarken Gattin. Das Leben im goldenen Käfig drückte Claus seinen Stempel auf – auch gesundheitlich. Doch statt seine Probleme zu verschweigen, zu vertuschen, machte er sie zum Thema. In einem Interview aus Anlass der Silberhochzeit mit Beatrix sprach er ausführlich über seine Depressionen und über sein Parkinson-Leiden. In den letzten Jahren nahmen seine Auftritte immer kuriosere Formen an. „Ich habe soviel geredet, dass ich ganz vergessen habe, warum ich gekommen bin“, beendete er einmal eine Rede. Ein anderes Mal forderte er seine Zuhörer auf, doch vielleicht lieber „einen zu heben“ statt ihm zuzuhören. Die TV-Bilder, in denen er sich demonstrativ seiner Krawatte entledigte, gingen um die Welt. In letzter Zeit war Prinz Claus kaum noch in der Lage, öffentlich aufzutreten. In den Haag wurde darüber debattiert, ob er dem Ansehen der Monarchie schade oder vielmehr der Integration alter und kranker Menschen nütze. Fest steht, die Trauer in den Niederlanden ist jetzt riesengroß.

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