zum Hauptinhalt

Panorama: Was, wenn das Opfer einwilligt?

Der Theologe Karl Jüsten über Kannibalismus und Ethik

Nach dem anfänglichen Entsetzen über die kannibalistische Tötung fragen sich viele, ob man eine solche Tat aus ethischer Sicht als Mord ansehen und bestrafen darf, wenn sie doch auf dem Einverständnis des Opfers beruht.

Aus der Sicht der Katholischen Kirche ist auch Töten auf Verlangen abzulehnen, weil das Leben grundsätzlich schützenswert ist. Wenn ein Mensch kommt und die Tötung verlangt, ist es eine Aufgabe, ihn davon abzubringen. Auch der Lebensmüde hat ein Recht auf Schutz.

Ist der Mensch aus ethischer Sicht frei, den eigenen Tod herbeizuführen und dabei die Hilfe eines anderen zu beanspruchen?

Aus unserer Sicht nicht. Das Leben ist ein Geschenk Gottes. Gott ist Herr über Leben und Tod. Wenn er das Leben schenkt, darf niemand anderes das Leben nehmen.

Wie soll man mit einem Täter wie Armin M. umgehen?

Die Würde des Menschen bedeutet, dass auch mit Toten würdevoll umgegangen wird. Der Verzehr von Menschenfleisch ist nicht statthaft. Im konkreten Fall scheint es sich aber auch um eine psychisch gestörte Persönlichkeit zu handeln. Man muss wahrscheinlich auch diesem Menschen – trotz seiner frevelhaften Tat – helfend zur Seite stehen. Nachdenklich stimmt natürlich, dass diese Tat über das Internet vorbereitet wurde. Die Sicherheitsbehörden sind aufgefordert, Straftaten, die über dieses neue Medium ermöglicht werden, wirksamer zu bekämpfen. Falls hierfür gesetzliche Verschärfungen notwendig sind, dann muss man das prüfen.

Es drängen sich Assoziationen wie die öffentliche Sektion von Leichen durch Gunter von Hagens auf. Erleben wir eine Enttabuisierung des toten Körpers?

Ja. Der Tod verlangt grundsätzlich einen würdevollen Umgang. Wir erleben jetzt die öffentliche Sektion von Leichen. Wie berechtigt Ihre Frage ist, zeigt auch ein Vorgang in NordrheinWestfalen. Dort ist die Bestattungsordnung geändert worden. Angehörige dürfen über die Asche des Verstorbenen frei verfügen, sie mit nach Hause nehmen oder sogar im Wald verstreuen. Dies alles deutet darauf hin, dass der tote Körper nicht mehr so gewürdigt wird wie bisher. In allen Kulturen werden die Toten in besonderer Weise geehrt und nicht – wie Gunter von Hagens es tut – für kommerzielle Zwecke benutzt.

Karl Jüsten ist Leiter des Katholischen Büros der Deutschen Bischofskonferenz in Berlin.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false