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Viola Drath war langjährige Korrespondentin des „Handelsblatts“ in Washington und umgab sich mit den Mächtigen des Landes.

© picture alliance / AP Images

Washington: Die merkwürdige Ehe der Viola Drath

Die Deutsche Viola Drath verkehrte in Washington in den höchsten Kreisen – bis ihr vier Jahrzehnte jüngerer Mann Albrecht Muth sie ermordete. Die langjährige "Handelsblatt"-Korrespondentin und ihr Mann führten ein schillerndes Leben.

Die Ehe von Albrecht Muth und Viola Drath muss den feinen Kreisen Washingtons von Anfang an merkwürdig vorgekommen sein, nicht zuletzt wegen des Altersunterschieds von mehr als vier Jahrzehnten. Doch über Jahre umgaben sich Diplomaten und Politiker mit dem eigentümlichen Paar, das bis auf die deutsche Herkunft und eine Faszination für die Machtzirkel der US-Hauptstadt wenig zu teilen schien. Im August 2011 fand die Polizei die 91-jährige Drath tot in ihrem Badezimmer. Nun wurde der Ehemann wegen Mordes schuldig gesprochen.

Viola Drath und ihr Mann Albrecht Muth stammen beide aus dem Rheinland

Die Geschworenen stellten am Donnerstag nach nur dreistündigen Beratungen die besondere Schwere der Schuld fest. Muth verfolgte die Urteilsverkündung per Videoübertragung von seinem Krankenhausbett aus. Der Angeklagte hungerte sich Medienberichten zufolge auf etwa 40 Kilogramm herunter, für einen Auftritt im Gerichtssaal war er zu schwach. Der 49-Jährige bestreitet die Tat, doch ihm droht lebenslange Haft.

Die Lebenswege der ungleichen Ehepartner weisen eine erstaunliche Parallele auf: Beide stammen aus dem Rheinland, beide zog es zur Verwirklichung ihrer Träume in die Vereinigten Staaten. Die in Düsseldorf geborene Drath verließ Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg als Ehefrau eines hochrangigen US-Offiziers. Sie machte sich einen Namen als Auslandskorrespondentin des „Handelsblatts“ und stieß zu der transatlantischen Elite, der in Washington zuzeiten des Kalten Krieges viele Türen offenstanden. „Wenn ich mit Henry Kissinger Deutsch rede, beginnt er wie ein kleiner Junge zu sprechen“, wurde sie vom Magazin der „New York Times“ zitiert.

Muth, als dessen Geburtsort Köln angegeben wird, kam Anfang der 80er Jahre als junger Mann zum Studium an die American University nach Washington. Nach dem Krebstod von Draths Ehemann baute er einen engen Kontakt zu der betagten Dame auf, später machte er ihr einen Heiratsantrag.

Viola Drath gab ihm monatlich 2000 Dollar Taschengeld

Das Eheleben, wie es von renommierten US-Zeitungen beschrieben wurde, mutet sonderbar an. Muth habe von seiner Gattin ein monatliches Taschengeld von 2000 Dollar erhalten, heißt es. Die Ehepartner hätten zwar im selben Schlafzimmer genächtigt, allerdings in getrennten Betten. Muth soll sie „Madam“ genannt haben.

Die Liste der Gäste, die sie in ihrem Reihenhaus im Washingtoner Nobelviertel Georgetown bewirteten, ist beeindruckend. Auch der frühere Vizepräsident Dick Cheney und der Oberste Richter Antonin Scalia schauten bei den Partys vorbei. Hinter der Fassade bot sich aber ein anderes Bild: Muth soll zu viel getrunken haben und wurde bei der Polizei mehrfach wegen häuslicher Gewalt aktenkundig.

"New York Times": „Die schlimmste Ehe in Georgetown“

Das Magazin der „New York Times“ versuchte sich vor zwei Jahren an einer Anatomie der Beziehung, überschrieben war der lange Artikel mit dem Titel „Die schlimmste Ehe in Georgetown“. Der Text thematisierte auch die angebliche Homosexualität von Muth, der zwischenzeitlich sogar einen seiner Liebhaber unter demselben Dach wie Drath einquartiert habe. Im Verhör nach dem Tod seiner Frau soll er von einer „Zweckehe“ gesprochen haben.

Muth fügte sich an der Seite der respektablen Publizistin geschmeidig in die Washingtoner Gesellschaftskreise ein. Ende der 90er Jahre gründete er eine Nichtregierungsorganisation mit dem Namen Eminent Persons Group, auf Deutsch etwa „Gruppe angesehener Persönlichkeiten“. Seine Vision war ein Beratergremium für den damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan, den Muth „Onkel Kofi“ genannt haben soll. Muths fabelhafte Geschichten hielten der Wirklichkeit aber nicht stand. Laut „Washington Post“ marschierte er später in einer Fantasieuniform durch Georgetown, gab sich als irakischer General aus und benutzte den Namen Scheich Ali Al-Muthaba. Als Muth hinter Gittern mit dem Hungern begann, erklärte er, der Erzengel Gabriel habe ihm das Fasten aufgetragen. AFP

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