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Weihnachtsbäume: Ein Lob der Rotfichte

Heute geht es mal weniger um meine Frau und auch nicht um ihren Garten, heute geht es um den Weihnachtsbaum. Da kenne ich mich inzwischen ein bisschen aus. Früher hatten wir ja gar keinen Weihnachtsbaum.

Von Andreas Austilat

Wozu auch, Weihnachten sind wir eh zu unseren Eltern, da stand ja einer. Erst als wir selber Eltern wurden, war klar: Wir brauchen einen eigenen.

Damals wohnten wir in einem Altbau mit vier Meter Deckenhöhe. Mit einem Zwergbaum, womöglich im Topf, kann man da nichts anfangen. Damit kann man doch kein Kind beeindrucken. Und wenn ich schon einen Baum habe, dann will ich auch, dass die Kleinen hin und weg sind, dann will ich, dass die minutenlang den Mund nicht mehr zukriegen. Weil, nur dann kriegen sie auch diese Weihnachtsehrfurcht, die sie dazu bringen wird, mindestens noch die nächsten 15 Jahre mit ihren Eltern zu feiern.

Also haben wir uns beim ersten Baum für eine Rotfichte entschieden. Rotfichten stehen auf den Weihnachtsbaummärkten meistens irgendwo in einer Ecke, dahin wurden sie in den letzten 15 Jahren von den Nordmann-Tannen verdrängt. Die Nordmann ist nämlich der Star. Sie ist grüner, sie hat weiche Nadeln und piekst nicht. Außerdem hält sie länger.

Es gibt aber zwei Dinge, die für die Rotfichte sprechen. Erstens, sie riecht irgendwie waldiger, jedenfalls solange sie einigermaßen frisch ist. Zweitens, sie kostet gerade mal halb so viel wie die anderen. Unser erster Baum war also eine mindestens drei Meter hohe Rotfichte. Wir brauchten zwei Lichterketten und mussten noch Kugeln nachkaufen, um den Riesen zum Glitzern zu bringen. Das tat er dann aber auch. Unser Erstgeborener, er war damals anderthalb, stand tatsächlich minutenlang stumm vor dem Baum.

Leider zeigte sich schon bald ein gravierender Nachteil der Rotfichte: Sie wird schnell trocken. Und ich habe es wahrscheinlich noch verschlimmert, ich hatte ja noch keine Ahnung. Wie mir der Weihnachtsbaumhändler meines Vertrauens später erklärt hat, liegen die wasserführenden Schichten eines Baumes außen, also unter der Rinde. Kernholz transportiert kein Wasser. Wenn man aber wie ich den Riesenstamm am Ende so lange abhobelt, bis er in einen winzigen Weihnachtsbaumständer passt, trocknet er im Nu aus.

Nach ein paar Tagen verlor unsere Rotfichte schon Nadeln, wenn irgendwo auch nur eine Tür zuklappte. Es war auch unmöglich, sie in in diesem Zustand durchs Treppenhaus zu bringen, weshalb wir sie am Ende aus dem Fenster geworfen haben. Werde ich nie vergessen, beim Aufschlag verlor sie praktisch sämtliche verbliebenen Nadeln auf einmal. Die lagen dann in einem Haufen auf dem Bürgersteig. Das war wirklich imposant.

Der Junge hat noch 15-mal mit uns gefeiert, bevor er Weihnachten das erste Mal außer Haus verbrachte. Ja, so ein Baum lohnt sich.

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