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Panorama: Weine nicht, Prinzessin

Der schwedische Hof beklagt eine deutsche Kampagne gegen Madeleine und Victoria

Sie ist einiges gewohnt von der Presse, dennoch platzt auch Prinzessin Madeleine einmal der Kragen. Die 21-Jährige sei fertig mit den Nerven, titelten die schwedischen Boulevardzeitungen kürzlich. Schuld daran seien rücksichtslose deutsche Journalisten und Fotografen, die diesen Sommer eine regelrechte Hetzjagd auf die Töchter von König Carl XVI. Gustaf und seiner deutschen Frau Königin Silvia veranstaltet hätten – eine Hetzjagd bisher ungeahnten Ausmaßes.

Am Hof in Stockholm sieht man die Berichterstattung der deutschen Regenbogenpresse allerdings als ständiges Problem. „Wochenzeitungen wie ‚Das Neue Blatt’ und ‚Die Neue Post’ sollen endlich damit aufhören, Lügengeschichten über die Prinzessinnen zu erfinden und gefälschte Bilder zu veröffentlichen“, sagte die königliche Pressechefin, Elisabeth Tarras-Wahlberg dem Tagesspiegel. Beinahe jede Woche tauchten in diesem Sommer neue Skandal-Storys auf. Auch in „Gala“ und „Bunte“ sind die schwedischen Prinzessinnen Madeleine und Victoria ständig präsent.

Was den schwedischen Hof besonders aufregte, war ein Bericht, nach dem sich Madeleine schuldig fühle an dem Tot einer Freundin bei einem Bootsausflug am letzten Julitag in diesem Jahr. „Gerade vor kurzem musste ich in deutschen Blättern lesen, dass Roger Moore der wahre Vater der Prinzessin ist, dass Madeleine und Victoria Mitglieder einer Sekte sind und dass König Carl-Gustav eine Geliebte hat“, sagte die Pressechefin. Letztere Unterstellung illustrierte das „Neue Blatt“ nach Angaben des Hofes mit einem Foto des Königs zusammen mit einer Freundin von Victoria auf einer Yacht. Victoria habe man einfach aus dem Bild herausgeschnitten, damit der Eindruck einer intimen Situation entsteht. Auch Bilder, auf denen Prinz William mit Prinzessin Madeleine posiere, seien reine Fälschungen. Madeleine, so wie die ganze Familie fühlten sich gekränkt über soviel Respektlosigkeit. „Die Wochenzeitungen in Deutschland haben eine unglaubliche Fähigkeit, Bilder zu fälschen und überschreiten permanent die akzeptierbaren Grenzen“, sagt Tarras-Wahlberg.

„In Deutschland gibt es ein überdurchschnittliches Interesse an europäischen Königshäusern und weil der Konkurrenzkampf dort so hart ist, greifen vor allem die Wochenzeitungen zu widrigen Mitteln um dieses Interesse zu bedienen“, kritisiert die Hofsprecherin. Die schwedische Boulevardpresse widmete der Kritik an den deutschen Medien breiten Raum. Dass die schwedische Boulevardpresse, die in diesem Sommer häufig selbst zur Darstellung königlicher Unwahrheiten neigte, damit von den eigenen Schandtaten ablenkt, ist nichts Neues. Bereits vor gut zwei Jahren ging ein Aufschrei durch die schwedische Boulevardpresse. Die Königsfamilie sei „Freiwild“ der deutschen „Schundpresse“. Die schwedischen Blätter nutzen dabei auch eine latente anti-deutsche Stimmung in der Bevölkerung aus.

Ganz so schlimm können die deutschen Medien nicht sein. Als Prinzessin Victoria ein Praktikum beim schwedischen Außenwirtschaftsrat in Berlin absolvierte, bat sie bei einer Pressekonferenz darum, sich ungestört ihrer Aufgabe widmen zu können. Wie zu hören war, äußerte sich Victoria nach ihren drei Monaten in Berlin erfreut über die Tatsache, dass die deutschen Medien ihrem Wunsch nachgekommen waren. Entsetzt habe sie sich dagegen über die Berichterstattung in den heimischen Medien geäußert. Dort war von ausgelassenen Partys und übermäßigem Alkoholkonsum zu lesen – mit detailierten Aufzählungen, welche Drinks die Prinzessin in den Berliner Nächten getrunken habe.

Seitdem Victoria und Madeleine aus dem Kindesalter heraus sind, häufen sich unseriöse Schlagzeilen um die beiden hübschen Töchter. Der Sohn des Königs, Prinz Carl Philip, 24, findet dagegen verhältnismäßig wenig Beachtung in der Presse.

Während Kronprinzessin Victoria sich sehr pflichtbewusst auf das ihr bevorstehende Amt vorbereitet und wegen Volksnähe und eingestandener Probleme, wie ihrer Magersucht und einer Leseschwäche, als das beliebteste Königskind gilt, bietet vor allem Madeleine, der ein exzessiver Lebensstil vorgeworfen wird, mehr Angriffsfläche. Die 21-Jährige bewegt sich normalerweise ohne Leibwächter in der Öffentlichkeit, studiert Kunstgeschichte an der staatlichen Uni, sitzt dort wie andere in der Cafeteria, geht abends gerne aus und ist im Mai aus dem Schloss aus- und mit ihrem, unter anderem wegen Körperverletzung vorbestraften Freund, Jonas Bergström, 24, zusammengezogen. Das Paar wohnt seit Mai in einem 92 Quadratmeter großen Haus mit Garten im Stockholmer Nobelviertel Östermalm. Madeleine muss sich immer wieder barsche Kritik für ihren Umgang in der Partyszene der jungen Reichen gefallen lassen. Sie mache durch bis in den frühen Morgen und klingele dann den Chauffeur aus dem Bett, wird immer wieder kolportiert. Bei diesem Lebenswandel wird es wohl nicht ausreichen, Madeleine ein Training für den Umgang mit der Presse absolvieren zu lassen, wie sie es derzeit tut.

Im Gegensatz zu Madeleine sorgt Victoria kaum noch für Schlagzeilen. Nach offenkundigen Falschmeldungen in deutschen Wochenzeitungen über ein Verhältnis mit dem spanischen Kronprinzen Felipe mehren sich nun die Zeichen einer möglichen Heirat mit Fitnessstudiobesitzer Daniel Westling, 29. Das Einverständnis der Eltern hat Victoria angeblich schon in der Tasche.

Andre Anwar[Stockholm]

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