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Panorama: Weltweit wandernde Worte

Wachtmeister, Kindergarten, Butterbrot: Viele deutsche Begriffe werden rund um den Globus benutzt

Das ist ja lustig: Im Französischen nennt man einen Frechdachs einen „loustic“. Das Wort ist wie das überall auf der Welt gebräuchliche „Kindergarten“ rund um den Globus gereist. Ausgewanderte Begriffe wie diese sammeln jetzt die 129 Goethe-Institute von Abu Dhabi bis Togo: „Wörterwanderung“ heißt das Projekt, das die deutsche Sprache in der globalisierten Welt aufspüren will.

„Viele Menschen beschweren sich ja ständig darüber, dass die deutsche Sprache von Anglizismen wie cool oder Public Viewing überhäuft ist. Wir wollen zeigen, dass Sprachen überall international sind und auch Begriffe aus unserem Land bei anderen Nationen gebräuchlich sind“, sagt Susanne Sporrer von der Zentrale der Goethe-Institute in München.

Die Ausschreibung gemeinsam mit den Experten des Deutschen Sprachrats läuft seit dem 1. Juni – und 850 Beispiele sind bereits zusammengekommen, teilen die Kulturinstitute in einer ersten Zwischenbilanz mit. Es haben sich Menschen gemeldet, die ins Ausland gegangen sind und denen der Klang eines Begriffes plötzlich bekannt vorkam. Oder Leute, die in Goethe-Instituten Deutsch lernen und über die Beschäftigung mit der Sprache die verbale Völkerwanderung aufgespürt haben.

So lautet die Bezeichnung für das Wort „Studentenjob“ in Japan „arbeito“. Im Englischen wird anstelle von „bless you“ gern „Gesundheit“ gewünscht. Auch in Finnland klingt ein Wort so typisch deutsch vertraut: „Vahtmestari“. Das heißt Wachtmeister, Wachmann, aber auch Portier. Auch in Sprachen wie Afrikaans, Swahili, Vietnamesisch und Kirundi gibt es Ausdrücke aus Deutschland, die jetzt aufgespürt und erforscht werden wollen. In Western Samoa im Südpazifik verstehen Einheimische in Lava-Lava-Wickelröcken den einen oder anderen Begriff aus „Siamani“ – die Inseln waren einmal Kolonie von Germany.

Ausgewanderte Wörter können noch bis zum 30. September per E-Mail eingereicht werden. Die interessantesten Begriffe und ihre Geschichten sollen im November in einem Buch im Max Hueber Verlag erscheinen. Wer die netteste Darstellung, die schönste Begründung einreicht, kann eine Kulturreise nach Berlin gewinnen. Zuletzt hatten die Goethe-Institute und der Verlag gemeinsam nach den schönsten Wörtern der deutschen Sprache gefragt – als Sieger wurden die „Habseligkeiten“ gekürt.

Mitunter haben sich im neuen Zuhause der Worte auch ihre Bedeutungen gewandelt: Wenn ein Russe vom „Butterbrot“ redet, meint er damit eine Stulle, aber ohne den Fettaufstrich. Oder das Wort Schoppen: Wenn ein Brasilianer einen „Chope“ bestellt, möchte er kein Glas Weißwein, sondern ein Bier vom Fass.

Die wundersame Verwandlung eines ausgewanderten Wortes müssen die Experten der Goethe-Institute und des Deutschen Sprachrates noch klären: In Frankreich gibt es einen dem Deutschen entnommenen Begriff für „Oberlicht“ oder „Kippfenster“ – er lautet: „Vasistas.“ Was, bitte, ist das?

www.deutscher-sprachrat.de

Annette Kögel

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