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Panorama: Wenn Hebammen auf Skier umsteigen

Der Winter hat das nördliche Europa fest im Griff – der Süden erlebt fast sommerliche Temperaturen

Berlin - Nach den Wetterkapriolen an Heiligabend hat der erste Weihnachtsfeiertag nur noch in Teilen Deutschlands neuen Schnee gebracht. Die Aussichten nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes: weiterhin kalt, aber keine größeren Niederschläge mehr. So können die Rückreisenden nach den Feiertagen darauf hoffen, dass ihnen ein größeres Chaos erspart bleibt. Erfreulich angesichts der Wetterlage waren auch die Nachrichten, die von den Polizeidienststellen kamen: Die Zahl der Unfälle auf den schnee- und eisbedeckten Straßen hielt sich in den üblichen Grenzen.

Einen unangenehmen ersten Feiertag erlebten allerdings 5000 Haushalte in Zwickau, die ohne Heizung auskommen mussten. Am frühen Morgen hatte es technische Probleme im Heizwerk des Zwickauer Energieversorgers gegeben, wie deren Geschäftsführer Volker Schneider sagte. Und wer die kalte Wohnung verließ, kam zumindest mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht weit: Vor allem in Sachsen hatten die Schneefälle der Nacht und am Morgen für erhebliche Behinderungen im öffentlichen Nahverkehr gesorgt. In Zwickau fuhren daher keine Straßenbahnen mehr, wie die städtischen Verkehrsbetriebe berichteten. Auch in Leipzig musste der Straßenbahnverkehr wegen bis zu zwei Meter hohen Schneewehen eingestellt werden.

Weihnachtliches Glück hatten Gottesdienstbesucher in der belgischen Ortschaft Lutselus: Kurz nach der Mitternachtsmesse stürzte offenbar wegen der Last des Schnees gegen vier Uhr das Flachdach der Kirche ein. An der Messe hatten zuvor etwa 200 Menschen teilgenommen. „Wir hatten sehr viel Glück. Wenn das während der Messe passiert wäre, hätte niemand überlebt“, sagte Pfarrer Alain Vanherle, der den Gottesdienst in der katholischen Kirche Regina Pacis geleitet hatte. Von der 72 Jahre alten Backsteinkirche blieben lediglich Teile einer Außenmauer stehen. „Wir hatten niemals irgendwelche Probleme mit der Stabilität der Kirche“, sagte Vanherle.

Die dänische Ostseeinsel Bornholm ist zu Weihnachten so zugeschneit, dass auch medizinische Hilfe nur schwer durchkam: Am ersten Feiertag hat sich deshalb eine Hebamme Langlaufskier untergeschnallt, um rechtzeitig bei einer gebärenden Dänin in der Ortschaft Tejn zu sein. Das berichtete die Zeitung „Ekstra Bladet“ am Samstag in ihrer Internetausgabe. Die Hebamme sollte zunächst mit einem Kettenfahrzeug des Zivilschutzes zum Haus der Frau gebracht werden, das aber auch nicht durchkommen konnte. An Heiligabend hatten die Behörden wegen eines Schneesturms mit drei bis vier Meter hohen Schneeverwehungen alle Räumarbeiten abgebrochen. Hunderte Menschen mussten den Heiligabend an der Fährstation Rønne verbringen, weil sie nach der Ankunft ihres Schiffes auf den Straßen nicht mehr weiterkamen. Am ersten Feiertag begannen Räummannschaften, besonders hohe Verwehungen an zentralen Knotenpunkten für den Verkehr von Hand freizuschaufeln.

Angesichts der Kälte und des Schneechaos nördlich der Alpen mag sich so mancher nach warmen sonnigen Gefilden sehnen: Südeuropäische Länder wie Griechenland und Bulgarien meldeten am Samstag frühlingshafte bis sommerliche Temperaturen. Im Westen Kretas wurden Heiligabend im Ferienort Falassarna 27,9 Grad Celsius gemessen, in Athen stieg die Temperatur am ersten Weihnachtstag schon um neun Uhr morgens auf 18 Grad. Grund für die Wärme sind südliche Winde, die seit Tagen warme Luft aus der Sahara bringen, sagten Meteorologen im staatlichen Rundfunk.

Mit einer Fortsetzung des Winterwetters samt angespannter Lage auf den Straßen bis weit ins neue Jahr hinein rechnet derweil offenbar der Deutsche Beamtenbund: Zumindest drohte dessen Chef Peter Heesen am Weihnachtswochenende in der „Sächsischen Zeitung“ damit, dass es im Februar zu Warnstreiks beim Winterdienst der Straßenbauverwaltungen kommen könnte, sollten die Arbeitgeber bis dahin nicht ernsthaft mit den Gewerkschaften über die Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn für die Tarifbeschäftigten der Bundesländer verhandeln. Sonst müssten bereits im Februar die Straßenbauverwaltungen und die Straßenwärter bei der winterlichen Witterung in Warnstreiks treten. dpa/dapd/rtr/Tsp

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