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David weiß, wie der Osterhase läuft.

© privat

Aberglaube oder Wunder?: Meine ganz persönliche Säkularisierung

David, 16, erinnert sich, wie er nach und nach seinen eigenen Kinderglauben demontiert hat.

Enttäuschung oder Bestätigung? Ich weiß nicht, was überwog, als ich mit neun Jahren die DVD, die ich am Vortag im Schrank entdeckt hatte, am nächsten Morgen als Geschenk der Zahnfee unter meinem Kopfkissen fand. Einerseits war meine Welt wieder einmal einer magischen Person beraubt worden (der Weihnachtsmann war schon aufgeflogen), andererseits hatten sich meine Verschwörungstheorien und die Berichte meiner Freunde als wahr herausgestellt. Erst damals wurde mir klar, dass ich schon länger auf diesen Moment hingearbeitet hatte. Immer wieder hatte ich versucht, meine Eltern mit meinen Vermutungen und Beobachtungen zu konfrontieren und ihnen die Wahrheit zu entlocken – aber ohne Erfolg. An Ostern hatte ich versucht, sie durchs Fenster auf frischer Tat zu ertappen, und der Weihnachtsmann sah mir verdächtig nach einem Nachbarn aus. Im Nachhinein kommt mir dieser Prozess vor wie meine ganz persönliche Säkularisierung.

Nach und nach habe ich meine Welt entzaubert. Abergläubisch bin ich auch nicht mehr, seitdem ich einmal im Garten stundenlang ohne Erfolg nach einem vierblättrigen Kleeblatt gesucht habe. Trotzdem merke ich, dass ich mir einige kleine irrationale Dinge übrig gelassen habe: Ich drücke bei jedem Spiel meiner Mannschaft wortwörtlich die Daumen, ich sehe es als Unglück bringend an, wenn eine Treppe eine ungerade Anzahl an Stufen hat, und eine Glückszahl habe ich auch. Ich schätze, jeder braucht solche Sachen. Ohne solche, vielleicht ein kleines bisschen verrückten, aber auflockernden Rituale und Ansichten ist es doch nur halb so amüsant. Damit will ich nicht sagen, dass man sein Leben von einer von links (oder war das von rechts?) kommenden schwarzen Katze bestimmen lassen sollte.

David Fresen

David Fresen

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