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Lesen, lesen, lesen!

© Alva Gehrmann

Finnland ist Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2014: Eine Bücherei auf Rädern

Ein Haufen Schüler steht schon ungeduldig vor dem großen Wagen, bis sich kurz darauf endlich die Türen der Schatzkammer öffnen: Über 1500 Bücher sind in diesem Bus! Dazu gibt es eine gemütliche Leseecke und sogar eine Filmleinwand. Alle zwei Wochen besucht dieser besondere Bus die „Auroran koulu“, die Aurora-Schule in der finnischen Stadt Espoo. Espoo liegt in der Nähe von Helsinki, der Hauptstadt von Finnland.

Die Kinder aus der Klasse 2B stürmen jetzt in die rollende Bibliothek. Bis zu 20 Kinder geben ihre ausgelesenen Bücher ab und schauen sich in den vielen Regalen nach neuem Lesestoff um. Es ist ein einziges Gewusel. Mittendrin ist auch die achtjährige Ava. „Ich mag vor allem lustige Bücher“, erzählt sie. Wie die meisten finnischen Kinder liebt sie die „Ella“-Bücher von Timo Parvela, die von einem Mädchen handeln, das in der Schule tolle Abenteuer erlebt.

Ava liest gerne lustige Bücher.
Ava liest gerne lustige Bücher.

© privat

Vor kurzem hat Ava sich „Risto Räppääjä – Ja villikone“ ausgeliehen, übersetzt bedeutet das so viel wie „Ricky Rapper und die wilde Maschine“. Es geht darin um Ricky, der den ganzen Sommer vor dem Computer sitzt. Das könnte Ava nicht passieren, dafür liest sie viel zu gerne. „Ich freue mich immer, wenn der Bücherbus kommt “, sagt die Achtjährige und schnappt sich schnell noch ein neues Buch. Denn die nächste Schulklasse wartet schon vor der Tür.

Zehn Minuten bleibt morgens für jede Klasse, aber die meisten wissen schon, was sie wollen. „Am beliebtesten sind Star Wars, Donald Duck und Harry Potter“, sagt die Bibliothekarin Leena Vaittinen. Sie und ihr Kollege Toni Vainionpää bändigen an diesem Tag die Horde von Schülern. Wieder drängeln sich Mädchen und Jungen in dem hell erleuchteten Bus. „Guck mal, wir können leicht die Stimmung verändern“, sagt der Bibliothekar Toni. Mit einem Knopfdruck leuchten die Lampen im Innenraum bunt aus.

Die Kinder der Aurora-Schule sind so in ihre Bücher vertieft, dass sie es gar nicht mitbekommen. Unter ihnen auch Kamilla. Sie zeigt uns ihr Lieblingsbuch: „Sirkuksen arvoitus“, „Das Zirkusgeheimnis“ vom schwedischen Autor Martin Widmark. Zwei Detektivinnen enttarnen in dieser Geschichte Diebe im Zirkus.

So sieht die rollende Bücherei von außen aus.
So sieht die rollende Bücherei von außen aus.

© Espoon kaupungin kirjastoautot

An diesem Morgen ist der Zirkus in der rollenden Bücherei nach 45 Minuten beendet. Rund 100 Kinder waren da. Der Bus verlässt nun langsam den Schulhof und fährt weiter zur nächsten Station: den Keinumäki-Kindergarten. Die Fahrt dorthin ist eine kleine Verschnaufpause für die Bibliothekare.

Noch liegt kein Schnee auf den Straßen, aber das kann sich schnell ändern. Die Finnen sind harte Winter gewöhnt, es schneit hier viel und wird locker mal minus 20 Grad Celsius. Brrr! Kein Wunder, dass die Menschen es sich da zu Hause gerne mit schönen Büchern gemütlich machen. „Wir fahren auch im tiefsten Winter“, sagt Toni.

Manchmal winken die Kinder sogar schon von der Straße, wenn sie den dunklen Bus sehen, der mit großen, herumpurzelnden Buchstaben geschmückt ist. Über 150 rollende Büchereien sind in Finnland unterwegs, doch kein Bus ist so schön wie der, den Toni heute fährt. Er ist noch ganz neu und wurde von Design-Studenten in Helsinki entworfen.

Natürlich gibt es auch in Finnland überall im Land verteilt Bibliotheken, wie ihr sie aus Berlin kennt. Aber die Finnen wollen garantieren, dass wirklich alle problemlos mit Literatur versorgt werden, selbst in den letzten Winkeln des Landes. Vielleicht schneiden die finnischen Kinder ja deshalb immer so gut bei Wissenstests ab, in denen sie sich mit Kindern in anderen Ländern messen.

Nachdem die Kleinen im Kindergarten und die Schüler in noch zwei weiteren Schulen versorgt sind, fahren Toni und Leena am Nachmittag wieder zur großen Bibliothek in Espoo. Sie haben dann Feierabend. Der Bus selbst wird später wieder in der Stadt unterwegs sein. Für die abendliche Tour nehmen sie einige Kinderbücher raus, dafür räumen sie Bücher für Erwachsene ein. Außerhalb der Schulzeiten und an den Wochenenden ist noch mehr Zeit, es sich in der Leseecke des Busses gemütlich zu machen. Selbst die Kissen, die dort herumliegen, sind in Buchstabenform.

Die mobile Bücherei ist immer im Wandel. In dem modernen Auto konnten Kinder sogar schon Yoga machen, dabei wurden ihnen Märchen erzählt. Außerdem gab es Computerkurse, wurden Filme gezeigt, Theaterstücke aufgeführt, und eine Schülerband gab hier ihr erstes Rockkonzert.

Das Finnlandinstitut in Berlin

Die Mumins gehören zu den bekanntesten Kinderbuchhelden Finnlands.
Die Mumins gehören zu den bekanntesten Kinderbuchhelden Finnlands.

© Moomin Characters TM

Auch in Berlin könnt ihr finnische Bücher ausleihen – die gibt es dort auch auf Deutsch. Das Finnland-Institut hat eine eigene Bibliothek, in der man zum Beispiel die „Ella“-Bücher von Timo Parvela ausleihen kann. 2014 kommen viele finnische Autoren zu Besuch, weil Finnland Ehrengast der Frankfurter Buchmesse ist. http://finnlandcool.fi/
Im Institut gibt es aber noch mehr spannende Bücher – etwa „Vilja und die Räuber“ von Siri Kolu oder die weltberühmten Mumins. Die Bibliothek besitzt alle Bücher der Trollwesen von Tove Jansson. Wenn ihr wollt, könnt ihr im Finnland-Institut auch ein bisschen die Sprache lernen. Hier schon mal das erste Wort: „Hallo“ heißt „Hei“. http://finnland-institut.de

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