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Panorama: Französisch lernen ist ein Kinderspiel

In Tiergarten-Süd haben Kitas und die Grips-Grundschule ein Ziel: Schon sehr früh sollen die Kleinen mit ihrer ersten Fremdsprache beginnen

Einfache französische Sätze beherrschen die Erstklässler der Grips-Grundschule schon längst: Die Schule in Tiergarten-Süd bietet nämlich von der ersten Klasse an fremdsprachlichen Unterricht in Form von Arbeitsgemeinschaften an – und das kostenfrei. Wenn dann ab der dritten Klasse der reguläre Fremdsprachenunterricht beginnt, hätten die Schüler schon „eine ordentliche Grundlage“, sagt Lehrerin Corinna Stöcker, die ihre Drittklässler gerade die französischen Wochentage wiederholen lässt.

Die 8-jährige Jasmin kann sich noch gut erinnern, dass „Mardi“ auf Französisch „Dienstag“ heißt. Und Jounnes kann die Tage bereits alle runterbeten. „Je eher mit der Sprache begonnen wird, desto besser setzt die sich fest“, sagt Stöcker. Ihre zwölf Schüler und Schülerinnen profitieren von einem Projekt, das unter dem Namen „Französisch für Kinder“ von Miriam Mueller, der Vorsitzenden des Berliner Vereins „Initiale“, angeregt wurde.

Der Verein hat sich die Förderung mehrsprachiger Erziehung zum Ziel gesetzt. Das Projekt selbst wird von Senat, Bund und EU mit 20 000 Euro gefördert. Es findet im Rahmen des „Lokalen Bildungsverbandes Tiergarten-Süd“ (LBV) statt, eines Netzwerks von 13 Bildungseinrichtungen rund um den Magdeburger Platz. Partner sind unter anderen das lokale Quartiersmanagement, Kindertagesstätten und die Fritzlar-Homberg- Grundschule, wo Erstklässler ebenfalls Französisch-AGs besuchen können.

Als Miriam Mueller vor drei Jahren den Verein „Initiale“ gründete, hatte sie zuvor erfolglos in Berlin eine Schule mit mehrsprachigem Profil gesucht, die ihren Sohn aufnehmen würde: „Ich dachte damals, es gebe in Berlin genügend solcher Schulen, aber das ist leider nicht so.“ Als sie ihr Projekt dem Quartiersmanagement vorgestellt habe, sei man dort gleich positiv gestimmt gewesen.

„Wir wollten damals Tiergarten-Süd eine neue Perspektive geben“, sagt Jörg Schulenburg, Koordinator des LBV beim Quartiersmanagement. Seit Anfang der 90er Jahre habe sich Tiergarten-Süd immer mehr zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt, bildungsbewusste Eltern seien weggezogen. „Wir haben überlegt, was wir tun können, um die zu halten.“ Da habe man an das in Berlin einmalige „Collège Français“ in der Derfflingerstraße gedacht und überlegt, einen Bildungsschwerpunkt „Französisch“ aufzubauen. „Ziel ist ein durchgängiger Strang von der Kita bis zum Abitur“, sagt Schulenburg.

Die Frage, warum Kinder gerade Französisch lernen sollen, wo doch Englisch die Weltsprache schlechthin sei, hat die Schulleiterin der Gripsschule, Bianka Fleming, schon häufiger gehört, sie verweist dann immer auf eine Studie, nach der Schüler, die sehr früh mit dem Französischen angefangen haben statt mit Englisch, in der zehnten Klasse auch nicht schlechter Englisch sprechen als Schüler, die früher damit begonnen haben.

Und: Da die Beherrschung von Englisch vorausgesetzt werde, sei das Französische dann im Berufsleben „das Tüpfelchen auf dem i“, so Fleming weiter. Stolz ist Fleming darauf, dass an ihrer Schule die Möglichkeit besteht, nachmittags in einem Hort betreut zu werden: Dort spricht ein französischer Erzieher mit den Kindern Französisch, wenn diese es wollen. Weil Kinder beim Fremdsprachenlernen eigentlich gar nicht früh genug anfangen können, hat Miriam Mueller auch Kindertagesstätten von ihrem Projekt überzeugt: Seit einem Jahr werden 26 Kinder in zwei Gruppen in der Kita in der Lützowstraße von einer deutschen und einer französischen Muttersprachlerin betreut.

Jeden Morgen versammeln sich die Kleinkinder, die jüngsten sind zweieinhalb Jahre alt, zum Morgenkreis, der von der französischen Kindergärtnerin Beatrice Mayer animiert wird. Die deutschsprachige Kollegin übersetzt aber alles, die Kinder antworten entweder auf Deutsch oder Französisch. Und jede Wochen lernen sie neue Begriffe, heute sind „la chaise“ und „la table“ dran: Mayer zeigt auf die Gegenstände, lässt die Kinder die Wörter wiederholen.

In ihrem Büro erklärt die Leiterin der Kita, Eva-Maria Braun, wie das ganze funktioniert und warum die Kinder nicht mit den Sprachen durcheinanderkommen: „Es gibt erst mal keinen Zwang, Französisch zu sprechen; und die Kinder kennen auch die jeweilige Erzieherin und verbinden mit ihr die richtige Sprache“, so Braun. Wichtig ist ihr auch, dass das Projekt sich nicht nur an Familien mit französischsprachigen Eltern richtet oder etwa an Familien aus dem Kiez Tiergarten-Süd: Auch Eltern aus entfernten Bezirken könnten sich für einen Platz in der Lützowstraße bewerben.

Neben der Kita befindet sich übrigens das „Collège Français“, dort können die Kleinen später einmal auf Französisch das Abitur ablegen: Bis dahin ist es für die Kinder noch ein weiter Weg. Jetzt steht erst mal „Spielen“ auf dem Stundenplan.

Informationen zu dem Verein „Initiale“ gibt es unter 8148 7845 oder im Internet unter www.initiale.org.

André Glasmacher

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