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© dpa

Geschichten aus dem Herbst: Let's push things forward!

Lasst uns den Herbst vergessen - aber wie? Typen und ihre Herbstfluchtfaktoren

Der Melancholische-Herbsttyp

Nicht gesehen, aber gehört. Die SMS kam spät - ich quälte mich aus dem Bett um aufs Handy zu schauen. Boris schrieb: "Mir geht es scheiße. Noch wach?" Bevor ich überlegen, ob ich wach bin, geschweige denn zurückschreiben oder anrufen konnte, klingelte mein Festnetztelefon. "Hey", sagte Boris heiser und verdammt leise. Ich sagte nur: "Hi, verdammt spät, aber ich habe noch nicht geschlafen, obwohl das natürlich gelogen war: Ich schlummerte schon. Boris legte sofort los: "Ich habe keinen Sex, habe Liebeskummer, ich habe zu wenig Freunde, bin einsam, mache nur noch meine Ausbildung, gehe kaum noch weg, lernen niemanden kennen und hasse den Herbst". Boris skizzierte mit dieser knackigen Aufzählung eine Herbstmelancholie. Er würde Depression sagen. Im Sommer ist er ein Feiergott, immer unterwegs, baden, tanzen, trinken, aber ab Oktober ist er für sechs Monate der stille, traurige Junge, der nachts anruft und sein Leid klagt. Ab März wird es dann zunehmen besser. Silvester ist eine kleine Reha. Aber nur bis zum 1. Januar. Und dann hat er einen Kater und alles ist noch schlimmer als in der Nacht seiner SMS Anfang November, also letzte Woche.

Herbstbekämpungs-Erfolgsfaktor (in Schulnoten): 6-, denn er stürzt sich rein und will es nicht anders, obwohl er jammert.

Der Partytyp im Herbst:

Lara erreicht man immer selten. Sie ist oft unterwegs, schläft lang und lebt ein ganz gutes, unbekümmertes Leben einer Literaturstudentin. Doch in den letzten Wochen bekam ich sie fast nie ans Handy. Und wenn dann um 18 Uhr abends, wo sie mir mit verkrächzter Stimme sagte: "Ich schlafe noch!". Dann legte sie auf. Letztes Wochenende sah ich sie im 103, wild feiernd, tanzen, durcheinander trinkend (Wodka und Bier immer in der Hand). Ständig hatte sie eine Kippe im Mut. Sie sagt: Fluppe. Und so begrüßte sie mich auch: "Hast du noch Fluppen?" Ich fragte sie, warum sie nie erreichbar war? Knappe Antwort: "Immer zu lang gefeiert". Und die Uni? "Das Wintersemester ist scheiße. Uni überhaupt ist scheiße" Dann fügte sie hinzu: "Was soll ich auch anderes machen, als feiern? Bis Ende Februar findest du mich nicht zu Hause, sondern nur im Cookies, 103, Tape oder sonntags in der Bar 25 auf dem Tresen." Sie ging an die Bar und holte Wodka und Bier. Das Wodka-Glas hatte mehr Inhalt als das 0,33l Becks-Bier.

Herbstbekämpungs-Erfolgsfaktor (in Schulnoten): 2 +, weil sie jegliche Melancholie wegspült. Nur sie wird im Frühjahr kaputt sein und müde aussehen.

Der Schlaftyp:

Anne schläft jeden Tag extrem viel. Schule um acht bis zwei, dann Mittagsschlaf bis sieben, Hausaufgaben um elf wieder ins Bett, lesen, fernsehen und bis 7 Uhr schlafen. "Tut gut! Und so denke ich wenigstens nicht an meinen verdammten Exfreund. Wir wären am 11.11. eigentlich 2 Jahre zusammen. Hätte die miese Sau mich nicht betrogen"

Herbstbekämpungs-Erfolgsfaktor (in Schulnoten): 4, weil sie nicht ewig schlafen kann und das Leben verpasst.

Der Abhautyp:

Matze macht ein freiweilliges soziales Halb-Jahr in einem Kinderprojekt in Australien und fliegt in ein paar Tagen in die Sonne bis  Mai. Dann wird es dort etwas "winterlicher" und er kehrt in den Berliner Sommer zurück, braun gebrannt, noch bevor wir es sein können und hat ein Jahr am Stück Sonne. In Australien und Berlin. "Der Herbst ist mies und der Winter in Berlin ist das Schlimmste. Also dachte ich, haue ich doch einfach jetzt ab. Mit der Schule bin ich ja fertig." Viel Spaß! Und wie gemein bist du eigentlich...

Herbstbekämpungsfaktor: 1+, weil er nichts zahlt außer der Flugkosten und ein Jahr Sonne satt hat, während wir im Düsteren wie ein Bär in den Winterschlaf abtreten wollen.

Tipp: Fahrt weg, feiert, schlaft genug und sagt euch immer wieder: Der nächste Sommer kommt bestimmt!

Schönen Herbst!

Ric Graf

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