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Panorama: Hartzen ist kein Spaß

Das kennen wohl die meisten: Bei einem tollen Kleidungsstück, das aber leider schweineteuer ist, muss man ein wenig hin und her überlegen, ob man es sich leisten kann. Aber nicht alle wissen, wie es ist, bei ganz alltäglichen Sachen nachrechnen zu müssen, ob sie sie überhaupt bezahlen können.

Das kennen wohl die meisten: Bei einem tollen Kleidungsstück, das aber leider schweineteuer ist, muss man ein wenig hin und her überlegen, ob man es sich leisten kann. Aber nicht alle wissen, wie es ist, bei ganz alltäglichen Sachen nachrechnen zu müssen, ob sie sie überhaupt bezahlen können.

Für Hartz-IV-Empfänger gehört dieses ständige Abwägen zum Alltag. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich an den Tagen der Woche, an denen ich bei meinem Vater lebe, selbst betroffen bin. Wir leben so sparsam wie möglich. In den Ferien fahren wir zu Freunden, wo wir mehr oder weniger umsonst wohnen können, und zu Mittag gibt’s oft nur belegte Brötchen.

Mich ärgert, dass wir Kinder von Hartz-IV-Empfängern nicht mehr als 100 Euro im Monat dazuverdienen dürfen. Von allem, was darüber hinausgeht, müssen wir einen Großteil abgeben. Im Herbst 2009 sagte Volker Kauder, der Vorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion, dass sich das ändern soll: „Das wird von uns geregelt.“ Doch nichts ist seitdem passiert.

Die Politiker wollen, dass man arbeitet – das geht in Ordnung. Aber wenn man es dann macht, kriegt man nicht mal den Lohn, der einem zusteht. Wer will dann noch Geld dazuverdienen?

Natürlich sind wir dankbar, weil der Staat meinen Vater unterstützt, obwohl er keine Arbeit hat. In anderen Ländern würde er wahrscheinlich schon längst auf der Straße leben. Trotzdem ist es schwer, mit dem wenigen Geld über die Runden zu kommen. Oft ist schon der größte Teil verbraucht, bevor die Hälfte des Monats um ist.

Man traut sich nicht mehr richtig, Nachrichten zu gucken oder die Post vom Arbeitsamt zu öffnen. Jedes Mal muss man damit rechnen, dass wieder irgendwo Geld gestrichen wurde. Es muss gespart werden, heißt es dann. Das verstehe ich. Aber wieso bei denen, die sowieso schon zu wenig haben? Wieso nicht bei denen, die im Geld schwimmen und gar nicht wissen, wohin damit?

Außerdem hört man oft, dass die meisten nicht arbeiten wollen. Auf einige mag das auch zutreffen – aber alle, die ich kenne, tun ihr Möglichstes, um eine Anstellung zu finden, die ihrer Ausbildung entspricht. Viele denken jetzt bestimmt: Die sollen sich doch freuen über jede Arbeit, die sie kriegen können! An sich stimme ich zu. Aber mein Vater hat den Doktortitel in Philosophie erworben – ist es da nicht nachvollziehbar, dass er davon träumt, nach etwa fünf Jahren endlich mal wieder auf diesem Gebiet einen Beruf auszuüben? Mein Vater schreibt Bücher, während er auf Antworten auf seine Bewerbungen wartet. Es scheint, als habe er auch endlich Erfolg damit. Vielleicht ist er bald nicht mehr auf staatliche Unterstützung angewiesen. Leonie Beer, 15 Jahre

Leonie Beer[15 Jahre]

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