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Patrick Wengenroth als singende Mickymaus - da lacht der Saal.

© Sebastian Gabsch/Schaubühne

Jugendliche ins Theater!: Christiane F., ganz anders

Lieder, keine feste Rollenverteilung und kein richtiges Schauspiel - "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" an der Schaubühne ist nicht das, was Anni, 15, sich erwartet hat. Aber trotzdem nicht schlecht.

Die graue, dunkle Bühne ist leer bis auf ein paar Mikrofone und eine merkwürdige Glaskapsel, in der ein Mann sitzt. Wer oder was derjenige in der Glaskapsel sein soll, verstehe ich erst, als ein zweiter Mann in Jeansjacke und Lederstiefeln die Bühne betritt. Mit „Ich wurde zwölf, bekam ein bisschen Busen und begann mich auf eine ganz komische Art für Jungen und Männer zu interessieren.“ eröffnet er das Theaterstück „Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ in der Schaubühne. Er zeigt auf den Mann in der Glaskapsel und erklärt, dass das seine Dogge Ajax sei.

Der Mann in der Kapsel ist ein Hund, und der daneben ist Christiane F. Aber ich hätte das nicht verstanden, wenn ich das Buch nicht gelesen hätte. Den Rest des Theaterstücks auch nicht, denn als drei weitere Personen die Bühne betreten und ihren Text sprechen, muss ich erst einmal eine Weile überlegen, bis ich weiß, dass Rollen gewechselt wurden: Zwei Frauen in Jeans, kurzen Jacken und hochhackigen Schuhen spielen jetzt beide Christiane F. Aber der erste Mann mit den Lederstiefeln auch? Die Dogge Ajax scheint auch vergessen zu sein, denn der Schauspieler – Patrick Wengenroth heißt er – kriecht aus der Glaskapsel, greift sich eines der Mikrofone und fängt an zu singen während aus kleinen Düsen im Boden Kunstnebel kommt.

Daraus besteht das ganze Theaterstück: aus Liedern, keiner festen Rollenverteilung und keinem richtigen Schauspiel, wie ich es erwartet hatte. Es wird mehr aus dem Buch erzählt als gespielt. Das Theaterstück scheint an vielen Stellen sehr locker geschrieben zu sein, und es kommt mir manchmal so vor, als gebe es keine festen Texte, sondern einfach nur ein paar Stichpunkte an denen sich die Schauspieler festhalten, wie wenn man ein Referat vorträgt.

Die schaurige, düstere und oft auch beängstigende Stimmung aus dem Buch ist aber nicht mehr da. Das Publikum lacht viel, da das Theaterstück oft mit Ironie vorgetragen wird. Patrick Wengenroths plötzliche Rollenwechsel in unerwartete Personen oder Tiere überrascht einen immer wieder und bringt einem zum Lachen. Als er auf einmal als Mickymaus verkleidet die Bühne betritt und mit sarkastischen Sprüchen für das Hörspiel und ein Begleitheft zum Buch wirbt, lacht der ganze Saal.

Das Ende kann auch falsch verstanden werden, wenn man das Buch nicht gelesen hat. Bei dem Selbstmordversuch von Christiane F füllt sich plötzlich der ganze Raum mit Nebel und die drei Schauspieler, die Christiane F. spielen, setzen sich auf den Boden, so dass ihre Beine vor Nebel nicht mehr zu sehen sind.  Das Publikum sitzt erhöht und deshalb kann es alles angucken, ohne mit dem Kunstnebel in Berührung zu kommen.

Auf einmal kommt ein Mann in Astronautenkostüm auf die Bühne und fängt an zu singen. Diejenige die das Buch nicht kennen könnten jetzt denken, Christiane F. sei tot. Aber eigentlich geht die Geschichte doch noch viel weiter und ist noch lange nicht zu Ende.

Ich hatte etwas anderes erwartet, aber insgesamt hat mir das Theaterstück gefallen auch wenn es oft etwas verwirrend war. Ich habe viel gelacht und fand es nicht langweilig.

http://www.schaubuehne.de/de/produktionen/christiane-f-wir-kinder-vom-bahnhof-zoo.html

Anni Rohrer

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