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© Mike Wolff

Junge Schreiber: Unsere Poeten: Britta Avalon Kagels

Britta liebt die sozialen Kontraste, mag keine Schnulzen sondern lieber reflektierte Romane.

BRITTA AVALON KAGELS, 20

Wir treffen Britta am U-Bahnhof Zinnowitzer Straße. „Damit du mich erkennst“, hatte sie gemailt. „Groß, schwarze Haare, grüner Mantel.“ Dann steht sie vor uns, nicht zu übersehen, markante Augen, Haare, wow. „Hallo , ich bin Britta.“ Britta kommt aus Wedding, geht zur Schule, arbeitet im Kindergarten, und wenn sie Zeit findet, dann schreibt sie. Nee, halt: So einfach ist das nicht. „Es ist wie Schluckauf in der U-Bahn“, sagt sie und bestellt erst mal Kaffee, groß und schwarz, „die Idee kommt einfach und ist dann da.“ Deshalb hat sie immer einen Block und Stift dabei. Neulich erst: Sie sah einen mageren Obdachlosen im Müll wühlen und daneben ein Mädchen mit Luxustäschchen. Soziale Kontraste, die fallen ihr auf, Tag für Tag und überall in Berlin. Sie schreibt ja nicht nur Gedichte, und sowieso: Wenn, dann keine Liebesschnulzen. Lieber reflektierte Romane, Kurzgeschichten, aber nicht so verkopft. Wann sie schreibt? „Nachts, wenn es dunkel wird und der Tag zur Ruhe kommt und alles schläft.“ Dann holt sie ihre Notizen aus dem Mantel und schreibt, was sie gesehen hat. In ihrem Berlin. Und jetzt ist Britta dran - hier ein Text von ihr: Die Kürbissuppe Eine Frau saß in ihrer Küche und Schnitt einen großen Kürbis in kleine Stückchen um daraus eine Suppe zu machen. Sie schnitt sich beim Zerhacken in den Finger und verband ihn ogleich. Doch dann begann sie plötzlich zu weinen und ihre vielen Tränen fielen auf den geschnittenen Kürbis. Sorgfältig tat sie die Zutaten in den Topf und weinte noch immer in ihn hinein, während sie die Kürbissuppe umrührte.

Und das ist ein Text, den Britta Avalon Kagels mag und euch vorstellt. Los geht's.

Die Kürbissuppe   

Eine Frau saß in ihrer Küche und Schnitt einen großen Kürbis in kleine Stückchen um daraus eine Suppe zu machen. Sie schnitt sich beim Zerhacken in den Finger und verband ihn sogleich.

Doch dann begann sie plötzlich zu weinen und ihre vielen Tränen fielen auf den geschnittenen Kürbis. Sorgfältig tat sie die Zutaten in den Topf und weinte noch immer in ihn hinein, während sie die Kürbissuppe umrührte.

Geräuschlos saß sie nun neben dem brodelnden Kessel und wartete darauf, das sie fertig sei und ihr Ehemann nach Hause käme.

,,Wo warst du?“, fragte sie, als er in die Wohnung eintrat.

,,Weg.“, antwortete er und hing seinen Mantel an den Haken.

,,Es ist spät. Wo warst du?“

,,Auf der Arbeit und danach bei einem Kollegen, noch einen trinken.“

Die Frau nahm eine Kelle und trug ihrem Mann die Suppe auf. Sie deckte den Tisch und er setzte sich neben sie.

,,Wo warst du?“, fragte sie wieder in einem ruhigen Ton und blickte ihn nicht dabei an.

Ihr Mann schlug hart mit dem Löffel auf den Grund des Tellers und sagte laut:

,,Auf der Arbeit und danach bei einem Kollegen eine Runde Poker spielen!“

Sie nahm einen Löffel von der Suppe und sprach wieder, ohne ihn dabei ins Gesicht zu schauen:

,,Ich denke du warst noch einen Trinken?“

Der Mann wurde nervös, blickte auf seinen Teller und nahm ein paar hastige Schlucke.

,,Ja. Wir haben einen getrunken und dabei Poker gespielt.“

Die Frau legte die Hand auf den Tisch, in der sie sich in den Finger geschnitten hatte und fragte:

,,Schmeckt dir die Suppe?“

Ihr Mann sah auf das Pflaster, das an ihrem Finger schon blutig durchgesuppt war, wich diesem Blickfeld aus und stellte seinen leeren Teller in die Spüle.

,,Ist zu salzig. Salziger als sonst. Du weißt, das ich salzig nicht mag“ und verließ hastig die Küche.

,,Ja“, flüsterte die Frau.

,,Ist salziger als sonst.“

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