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Panorama: Katerfrühstück

Täglich neue Spielkameraden und jede Menge Streicheleinheiten: Pelle und Caruso lieben das süße Leben. In Berlins erstem Katzencafé, dem „Pee Pee’s“ in Neukölln, kann sie kraulen, wer kein eigenes Haustier hat.

Es ist es schon vorgekommen, dass erwachsene Männer auf dem Boden rumkrabbeln. Manche schießen auch kleine Bälle quer über die Tische. Schuld sind Pelle und Caruso. Sie wecken den Spieltrieb im Menschen. Café-Inhaberin Andrea Kollmorgen, 48, sagt: „Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass das hier vor allem was für Frauen ist. Aber es kommen ganz viele Herren, die das toll finden.“

Die Sympathie der Männer gilt den Miezen: Pelle und Caruso, Europäische Kurzhaarkatzen, getigert, knapp ein Jahr alt. Sie sind die Attraktion von „Pee Pee’s Katzencafé“ in Neukölln. Die Idee stammt aus Japan, dort bekommen Gäste in Themenbars, -restaurants und -cafés zum Drink noch was Tierisches zu streicheln. Etwas für alle, die in ihren kleinen Wohnungen kein Haustier halten dürfen. Könnte auch was für Berlin sein, dachte sich Andrea Kollmorgen und eröffnete im August „Pee Pee’s“, Berlins erstes Katzencafé. Acht Tische und 25 Plätze für Menschen, fünf Kratzbäume, einen Hochsitz und Spielzeug für Katzen.

Café-Kater ist weniger ein Job als Dolce Vita, süßes Leben eben: zwei Drittel des Tages pennen, den Rest der Zeit fressen, spielen und schmusen. Pelle und Caruso hatten sofort Stammgäste aus diversen Berliner Bezirken, die durchschnittlich einmal die Woche zu Besuch kommen. „Hier können Menschen ihre Liebe zu Katzen ausleben, die sich sonst vielleicht selbst welche anschaffen würden, sich aber vielleicht gar nicht genügend um ein eigenes Haustier kümmern könnten“, sagt Andrea Kollmorgen. Diese schlichte Erklärung, glaubt sie, habe auch den Amtstierarzt von ihrer Idee überzeugt. Einzige Auflage: ein „Katzen-Separee“ im hinteren Teil des Cafés. Dort gibt es Schlafplätze, Fressnapf und Katzenklo – einen Rückzugsort für die Kater eben.

Caruso streckt sich auf seinem Lieblingsplatz neben dem Eingang des Cafés aus, den Kopf auf den Vorderpfoten. Das ist sein Platz, den hat er mit seinen Krallen markiert: Der Stoff am unteren Ende der Liege ist ganz zerfetzt. Zwei junge Frauen am Nebentisch bestellen „zweimal Katerfrühstück“. Als Caruso den Lachs riecht, ist er hellwach und hüpft rüber. Er darf das, er ist ein Star, benannt nach dem legendären Tenor. Caruso singe so schön wie weiland Enrico, ist in der Cafékarte nachzulesen. Sein zierlicher Bruder weckt eher Beschützerinstinkte. Pelle heißt er, weil er seiner Besitzerin nicht mehr von derselben wich. Er ist der größere Schmusetiger von beiden.

Im Katzencafé gilt es, besondere Hausregeln zu beachten, die stehen auf dem Cover der Cafékarte: Pelle und Caruso nicht am Schwanz ziehen, sie nicht gegen ihren Willen festhalten, nicht mit Blitzlicht fotografieren, nicht füttern, nicht beim Schlafen stören. Gäste mit Kindern sollen ihre Kleinen im Auge behalten.

Den beiden Tigerkatzen konnte nichts Besseres passieren. Anfang Juni fand ein Passant sie ausgesetzt in einem Karton in einer Neuköllner Straße und brachte sie zum Verein „Katzen in Not“. Andrea Kollmorgens Anfrage fürs Katzencafé lag da schon vor. Ende Juni wechselten Pelle und Caruso zu ihr. Aber wären sie auch geeignet für den Umgang mit Fremden? Der Tierarzt kam vorbei und machte den Aggressionstest, piekste Caruso mit dem Finger, ärgerte Pelle ein bisschen. „Das war denen völlig egal“, sagt Andrea Kollmorgen. Dann kam ihre Prüfung beim Amtstierarzt: Fachwissen über Katzenhaltung. Auch sie hat bestanden.

Gerade eben versucht sie sich als Dompteuse. Mit ein paar Leckerlis will sie die Katzen von den beiden Frauen am Nebentisch – Laura, 20, aus Wedding und Freundin Nadia, 20, aus Hannover – weglotsen. Zu viel Tier kann beim Frühstück ja auch nerven. Doch die beiden sind ganz glücklich über die Kätzchen. „Wir hätten auch so gern welche“, sagt Laura. Jetzt üben sie erst mal, mit Katzen zu spielen. Nadia wedelt mit einer Angel, an deren Ende eine Spielzeugmaus sitzt – und schon prescht Caruso quer durch den Laden. Pelle betrachtet die Szenerie vom Tisch gegenüber – und hat zwei neue Gäste angelockt. Christa und Peter Köppe aus Mitte, beide 68, betreuen selbst eine wild lebende Katze in ihrem Hinterhof. Jetzt wollen sie wissen, wie das Katzencafé funktioniert und sind „zum Katzenstreicheln gekommen“, wie Christa Köppe sagt. Die Köppes haben Pech, Kollmorgens Raubtierchen wollen lieber Siesta halten. Aber man darf ihnen dabei zusehen; das beruhigt ja auch irgendwie. Katzen zu streicheln tut Menschen ohnehin gut, bestätigt auch Sozialpädagogin Viola Freidel vom Verein „Leben mit Tieren“. Es habe, weil es entspannt, einen blutdrucksenkenden Effekt. Das Schnurren und Vibrieren übertrage sich. Und die klare Rückmeldung des Tieres stimme fröhlich, denn die heißt: Ich mag dich.

Auf Facebook hat das Katzencafé schon beinahe 1000 Likes. Dort werden Bilder gepostet von Streuselkuchen, leckeren Torten und getigerten Katzen – am Fenster, auf dem Kratzbaum, beim Kraulen auf dem Kissen. Pelle und Caruso sind Everybody’s Darling, und die Gäste geben Fünf-Sterne-Bewertungen fürs Streichelcafé ab. Little Voodoo Hutti etwa schreibt: „Supernette Bedienung, liebevoll eingerichtetes Café und zwei ganz entzückende Miezekater. Lecker Kuchen ... wat willste mehr???“

„Pee Pee’s Katzencafé“, Thomasstr. 53, Neukölln. Di. bis Fr. 11 bis 19, Sa. 12 bis 20 und So. 12 bis 19 Uhr. Telefon: 68 08 66 00

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