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Panorama: Mehr als ein Schulbuch: „Gebaute Geschichte“

Was ist demokratisches Bauen? Was war noch mal mit Stalinstadt?

Was ist demokratisches Bauen? Was war noch mal mit Stalinstadt? Und warum gibt es keine Adolf-Hitler-Denkmäler? Dieses Buch regt die Neugier an. Und die Gehirnzellen. „Gebaute Geschichte“ heißt es, ein Geschichtsbuch über Bauen und Denkmalschutz in Deutschland. Das klingt viel langweiliger, als es in Wirklichkeit ist: ein Versuch nach erlebbarer Geschichte, nach erforschbaren und begreifbaren Zeugnissen von Vergangenem. Gerade in Berlin gibt es davon ja reichlich: Reichstag, Palast der Republik, Stadtschloss – umstrittene Bauwerke von historischem Wert.

Dieses Buch zeigt anschaulich, dass der Umgang mit solchen Gebäuden auch immer ein Spiegel für den Umgang mit der Geschichte innerhalb der Gesellschaft ist. Die Gedächtniskirche als Ruine weiter bestehen zu lassen und die Entscheidung, den Palast der Republik dagegen abzureißen – all das gibt Aufschluss über das geschichtliche Verständnis innerhalb der Gesellschaft. Und den Wandel der Gesellschaft: Das „neue“ Bauen orientiert sich immer am „Alten“, sei es in Fortführung des Bisherigen oder durch bewusste Ablehnung.

Gleichzeitig versorgt das Buch den Leser mit methodischen und historischen Grundlagen. Egal, ob Stadtplanung im alten Rom, Baupraktiken im Absolutismus, Berlin in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts oder sozialistischen Wohnungsbau, die Gebäude ermöglichen eine Reise durch das Zeitgeschehen.

Auch Abschnitte über Landschafts- oder Industriedenkmäler finden sich und auch der Ausblick auf die Entwicklung des Hamburger Hafens und der „HafenCity“ ist gelungen. Das Buch ist ausdrücklich sowohl dem Lehrer als auch Schülern nahe gelegt. Es schafft den Spagat, relativ detailliert in die Tiefe zu gehen, ohne nur noch für Fachpersonal verständlich zu sein. Trotzdem bleibt es eher fraglich, ob das Buch wirklich den Weg in Klassenzimmer finden wird, zu speziell die Thematik, zu eng die Lehrpläne. Für historische Baukultur hat man als Jugendlicher wohl auch allerfrühestens in der Oberstufe Zeit – und na ja, Lust.

Schade, denn die Vielfalt dieses Buches lässt manchen normalen „Schulschinken“ hinter sich. Übrigens: Das Buch beantwortet die Frage nach Hitler-Denkmälern nicht. Ein Schulbuch gibt stets nur Material und Anreiz, die Position dazu muss man schon selbst beziehen. Völlig abwegig ist es nicht, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzten.

„Gebaute Geschichte" ist im Klett-Verlag erschienen und wird für die Sekundarstufe II empfohlen. Es hat 160 Seiten, ist kartoniert und kostet 19,25 Euro.

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