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Panorama: Vom Winde verweht, vom Feuer zerstört

Vernichtetes Paradies: Vor zwei Jahren wütete ein Orkan in der Hohen Tatra Wie wird das Gebirge aufgeforstet? Schüler aus Berlin und der Slowakei haben nachgefragt

Im Juni besuchten 22 Elftklässler des Friedrichshainer Dathe-Gymnasiums Schüler im slowakischen Poprad. Im Rahmen des Projekts „Umwelt baut Brücken – Jugendliche im europäischen Dialog“ recherchierten sie gemeinsam die Bedeutung des Umweltschutzes in der Hohen Tatra. Im April waren die Poprader Gymnasiasten zu Besuch in Berlin. Hier untersuchten sie gemeinsam, welche Rolle der Umweltschutz bei der Fußball-Weltmeisterschaft spielte. Ihre Ergebnisse wurden Anfang Mai im Tagesspiegel veröffentlicht. Den folgenden Text haben die Friedrichshainer und die Poprader Schüler gemeinsam geschrieben.

Glasklare Bergseen und steile Kämme mit vergletscherten Gipfeln haben schon immer viele Touristen in die Hohe Tatra in der Slowakei gelockt. Das Gebirge in den Karpaten ist bekannt für seine Natur- und Kurlandschaft und eignet sich wunderbar als Wintersportgebiet. Doch am 19. November 2004 wurde das Gebiet vom „Großen Tatranska Bora“, einem äußerst zerstörerischen Orkan, heimgesucht, der weite Teile des Tanap-Nationalparks in der slowakischen Tatra zerstörte. Seitdem bietet sich hier ein Bild der Zerstörung. Denn auch bei der Wiederaufforstung lief vieles falsch.

Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometern war damals der Sturm über die Landschaft gefegt und hinterließ eine rund 12 000 Hektar große Fläche entwurzelter und umgeknickter Bäume. Ein Großteil des betroffenen Areals, welches bereits seit 1949 zum Tanap-Naturschutzpark gehört, muss sich nun selbst regenerieren.

Der Nationalpark ist in fünf verschiedene Sektoren eingeteilt. Durch sie wird festgelegt, inwieweit der Mensch in den jeweiligen Zonen in die Vorgänge der Natur eingreifen darf. Wird einem bestimmten Teilgebiet beispielsweise der Sektor 1 zugeordnet, so ist es dem Menschen nach einer Zerstörung erlaubt, das Gebiet zu räumen und etwas Neues zu pflanzen. Erhält das Gebiet aber die Schutzstufe 5, so sind dem Menschen alle Arten der Veränderung strikt untersagt. Für die Tatra selbst bedeutet dies, dass das nach dem Sturm umgeknickte und am Boden liegende Totholz nicht beseitigt werden darf.

Dieses tote Holz bildet eine ideale Grundlage für die Vermehrung des Borkenkäfers, der sich in dem morschen Holz der umgeknickten Bäume kleine Gänge gräbt und so den noch existierenden Baumbestand allmählich von innen heraus zerstört. Reichlich Nahrung findet besonders der Fichtenborkenkäfer, da viele der zerstörten als auch der unversehrten Bäume Fichten sind. Um eine Ausbreitung der Käferplage zu verhindern, versuchte man schließlich, die Fichtenmonokultur zu beseitigen. Dazu wurden in den Gebieten der Schutzzonen verschiedene junge Laubbäume gepflanzt, um eine größere Artenvielfalt zu erreichen.

Im August 2005 kam ein weiteres Unglück über die geschädigte Region: Bedingt durch Hitze und Trockenheit, entzündeten sich die verdorrten Baumstämme. Aufgrund des starken Windes entwickelten sich die Flammen sehr schnell zu einem Brand von verheerendem Ausmaß. Insgesamt wurde dabei die Fläche des noch bestehenden Waldes weiter minimiert. Jetzt reichte der Baumbestand nicht mehr aus, um die Bodenerosion aufzuhalten: Kleine Rinnsale von der Gletscherschmelze konnten nun schnell zu Sturzbächen anschwellen und erhöhten vielerorts am Fuße der Berge das Hochwasserrisiko. Wo früher dicht an dicht Bäume standen, sieht man jetzt nur noch einzelne karge Stümpfe. Wie eine offene Wunde klafft die Schneise der Zerstörung am Südhang der Tatra. Das, was die Besucher an der Hohen Tatra besonders schätzten, die Schönheit der Landschaft, ist verloren.

Um zu verhindern, dass jährlich immer weniger Touristen kommen, hat sich die Organisation „Tanap-Naturschutzpark“ verschiedene Maßnahmen ausgedacht, um den Originalzustand der Landschaft so gut es geht wiederherzustellen. An den Maßnahmen zur Revitalisierung des Waldes beteiligen sich unter anderem die Technische Universität im slowakischen Zvolen, das National Forestry Research Institute, das Tanap-Institut und der staatliche Naturschutzbund.

Um ein stabiles Gleichgewicht in den Wäldern der Hohen Tatra zu erreichen, kommt es nun vor allem darauf an, Bäume unterschiedlichen Alters anzusiedeln, sagen Umweltexperten. Das heißt, man pflanzt zu den alten noch erhaltenen Bäumen in unterschiedlichen Zeitabständen neue junge Bäume. Indem man nicht nur mit Nadelbäumen, sondern auch mit Laubbäumen aufforstet, wird gleichzeitig auf die Vielfalt geachtet. Die neu entstehende Mischkultur soll später die Widerstandsfähigkeit des Waldes erhöhen.

Ein wichtiges Kriterium der Aufforstung ist der Abstand zwischen den Bäumen. Am besten für den Wuchs der Bäume ist es, wenn sich bepflanzte und freie Flächen abwechseln. Diese Maßnahme soll auch dazu beitragen, dass sich in den Schutzzonen künftig Brände nicht mehr so leicht ausbreiten können.

Die Maßnahmen sollen die Nachhaltigkeit verbessern und haben das Ziel, dass die Touristen davon möglichst wenig mitbekommen. Für die Zukunft gibt es noch große Pläne. So wollen Gemeinde und Tourismusverband eine Verbesserung des Skigebietes mit neuen Seilbahnen beziehungsweise Liften und Pisten. Auch ein Radweg entlang der Hohen Tatra soll entstehen. Im Winter könnte diese Strecke auch zum Skilanglauf genutzt werden. Keines dieses Projekte werde aber einen negativen Einfluss auf die Umwelt haben, heißt es im Stadtamt der Hohen Tatra. Vor allem aber solle aus der Tatra „kein Disneyland werden“.

Unterstützt wird das Projekt „Umwelt baut Brücken – Jugendliche im europäischen Dialog“, an dem 34 deutsche und osteuropäische Schulen teilnehmen, von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und dem Aachener Izop-Institut.

Teilnehmern des Projektes „Umwelt baut Br&#25

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